ABENDBROT MIT SARAH #7 – Wirtshaus zum Mitterhofer in Kreuzberg

© Marlen Müller

Dominieren zwei Straßen weiter Makali Sandwiches, Pide Take-Away-Läden und Taboulé das Straßenbild, ist die Kreuzberger Fichtestrasse seit ein paar Jahren ein super Anlaufpunkt, um Deutsch zu essen. Wenn mich Freunde aus anderen Ländern fragen, was genau deutsche Küche ist, fällt mir eine einfache Antwort oft schwer. Ich bin mit Grünkohl und Lapskaus als regionale Spezialität aufgewachsen, aber ansonsten stehen mir Caponata oder Som Tam Thai näher als Käsespätzle oder Kartoffelsalat. Falls mich in der Zukunft aber mal wieder jemand fragt, wo man in Berlin gut Deutsch Essen gehen kann, wüsste ich nun, was ich antworte.

Die feine Fichtestrasse teilen sich kulinarisch gesehen zwei charismatische Typen: In der Nummer 31 schwingt Stefan Hartmann die Michelin-prämierten Pfannen, in der 33 begrüßt Hannes Mitterhofer seine Gäste mit Handschlag und kleinem Schwätzchen, bevor diese sich mit seinen Tiroler Spezialitäten den Bauch vollhauen. Für die erste Abendbrotfolge mit meiner lieben Freundin und talentierten Fotografin Marlen Mueller haben wir uns für die bodenständige Variante, das "Wirtshaus zum Mitterhofer", entschieden. Ein super Ort, um sich an einem Freitagabend eine kapitale Partygrundlage zu verschaffen und die Neuigkeiten der vergangenen Woche zu besprechen.

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Der Inhaber Hannes, ein gebürtiger Südtiroler, zog vor fünf Jahren in diesen blank polierten Fleck Kreuzberg - "als noch niemand zum Ausgehen oder Essen hierher kam" wie er erinnert. Die Räume des Mitterhofers standen leer und es dauerte eine Zeit, bis sich die nette Spelunke mit der schrägen Musikauswahl (Schonmal einen Mix aus Polka, Klassik und Ska gehört, noch bevor die Hauptspeise auf dem Tisch stand?) etabliert hatte. Heute merkt man von diesen Anlaufschwierigkeiten nichts mehr. Die langen Holztische sind jeden Abend gut gefüllt und im Sommer sitzt halb Kreuzberg bei Alster und Spinatknödeln im Halbschatten vor dem Lokal. Schon früh arbeitete Hannes in der Gastronomie. Als er vor einigen Jahren nach Berlin umsiedelte, wollte er diesem Berufsfeld eigentlich den Rücken kehren und studierte Sozialpädagogik. Aber mit netten Leuten bei gutem Essen zusammen zu sein, war nach wie vor seine Leidenschaft und so wurde aus dem "Mitterhofer" die Fortführung seines erlernten sozialpädagogischen Berufs mit anderen Mitteln.

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Das Publikum könnte man als klassische Kreuzberger Mischung beschreiben - Studenten sitzen hier neben volltättowierten Rockern und Familien aus der Nachbarschaft und teilen sich den Tisch mit New Yorker Langzeitbesuchern. Einen entspannteren Laden findet man schwer. Marlen und ich hatten in weiser Voraussicht das Mittagessen ausgelassen und kamen relativ früh ins Restaurant. Ohne lang zu fackeln wurde uns ein Glas trockener, aber fruchtiger Goldmuskateller kredenzt, der ganz vorzüglich dazu geeignet war, die Karte en detail zu studieren. Neben erwartbaren Klassikern wie Kalbsschnitzel oder Käsespätzle fiel die vergleichsweise gute Auswahl an vegetarischen Gerichten auf. Steinpilzknödel & Salat für 10,50 Euro oder ein großer Salat mit Ziegenkäse bzw. Gemüserösti für 9,50 Euro machen auch Pflanzenliebhaber glücklich.

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Ich orderte mein Lieblingsgericht auf der Karte - "Tries". Ein super leckeres Dreierlei, bestehend aus rote Beete- , Spinat- & Käseknödel, beträufelt mit zerlassener Butter, geriebenem Parmesan und einer ordentlichen Salatbeilage - ein Carb-Traum in Pink, Grün und Gelb für 11 Euro. Marlen orientierte sich an der Tafel mit den Tagesgerichten und landete bei Ochsenbäckchen mit glasierten Möhrchen und Sellerie-Kartoffelpüree für 16 Euro. Obwohl sie anfangs etwas skeptisch war, ob sie besser die sichere Entrecôte-Bank gewählt hätte, verstummte unser Gespräch schlagartig, als wir die ersten Bissen gegessen hatten. Butterzartes Rindfleisch und herzhafte Knödel zauberten uns ein fettes Grinsen aufs Gesicht. Weintechnisch schwenkten wir von Weiß auf Rot um und bekamen einen leckeren Blauburgunder zu den Knödeln und einen krachigen, dunkel-lila Lagrein Tropfen, der gut zum kräftigen Rindfleisch passte. Einfach, aber nicht banal und lecker ohne viel Chichi - wir waren uns einig, einen richtig guten Griff mit unserer Auswahl gemacht zu haben.

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Obwohl wir eigentlich satt waren, konnten wir den Laden nicht verlassen, bevor wir wenigstens einmal vom Überklassiker der Wirtshaus-Nachspeisen gekostet hatten: Kaiserschmarrn mit Rum-Rosinen und Zwetschgen. Auch lecker, aber meiner Meinung nach wurde etwas zu großzügig mit Rumflasche und Backpulver hantiert. Egal - satt, glücklich und sehr gut unterhalten spuckte uns danach das Mitterhofer in die Kreuzberger Nacht, für die wir uns nun perfekt gerüstet fühlten.

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Wirtshaus zum Mitterhofer
Fichtestraße 33
10967 Berlin

Mo - Fr ab 17 Uhr
Sa - So ab 12 Uhr

Danke für die Fotos, liebe Marlen. Noch mehr Abendbrot gibt es hier. Und wer dann immer noch Hunger hat, kann sich ja mal von 40 DAYS OF EATING inspirieren lassen.

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