ABENDBROT MIT AIDA #28 Mogg & Melzer in Mitte

© Aida Baghernejad

«Perser sind doch Wannabe-Juden», sagt Oskar Melzer zu mir und wir kichern beide. Ob persische Papas oder jüdische Mamas, Gemeinsamkeiten gibt es mehr als genug. Wenn Völkerverständigung nur immer so einfach wäre. Vielleicht würde es dem Nahost-Konflikt ja helfen, zigtausende Reuben-Sandwiches aus dem Mogg & Melzer zu verteilen. Danach ist man nämlich nicht nur für einige Tage satt, sondern auch sehr, sehr glücklich. Die großen Probleme der Welt, sie wären so einfach zu lösen. Aber jetzt erst einmal von vorn...

Als wir gefragt wurden, ob wir nicht mal im Mogg & Melzer in der jüdischen Mädchenschule in der Auguststraße Abendbrot essen wollen, schwankte ich zwischen «Juchhu, endlich!» und «Mist, das ist doch viel zu Itsy-Bitsy-Szene-Mene». Aber die Neugier und die große Liebe zu leckerem Pastrami gewannen. Das Mogg & Melzer gibt es jetzt schon seit etwas mehr als einem Jahr, doch als ich Oskar auf den Ruf des «Szeneladens» anspreche, fragt er mich: «Szene? Die einzige Szene, zu der ich gehöre, ist meine Freundin». Kokettiert er jetzt, der bunte Vogel Melzer, den man in Berlin als Diskogründer kennt (unter anderem hatte er lange Zeit seine Finger beim Weekend im Spiel)? Eigentlich auch egal, denn viel wichtiger ist das Restaurant: Gegründet hat er das Mogg & Melzer zusammen mit Paul Mogg. In ihrem gemeinsamen Restaurant gibt es Pastrami, dem Oskar als kleiner Junge beim obligatorischen Besuch bei Katz' Delicatessen in New York verfallen war. Doch Pastrami, feinstes gepökeltes Rindfleisch, ist in Deutschland schwierig zu besorgen. Die Lösung: Im Mogg & Melzer wird es selbst gemacht. Wie auch alles andere bis hin zu den gigantischen sauren Gurken, die man problemlos auch als Gummiknüppel verwenden könnte. Wären sie nur nicht so knackig lecker.

Mogg und MelzerMogg und MelzerMogg und MelzerMogg und Melzer

Der Chefkoch Joey Passarella kommt aus New York und Oskar hat ihn dem Grill Royal abgeluchst. «Er hasst Fotos. Ich gebe dir 100 Euro, wenn du es schaffst, ihn zu fotografieren», sagt er zu unserer Fotografin Birte*. So kamerascheu er ist, so begnadet ist er als Koch, denn im Mogg & Melzer geht es nicht nur darum, Sandwiches aufzutürmen (was im Übrigen anständig gemacht ja auch eine Kunst für sich ist). Zur Auswahl stehen Tellergerichte, Frühstück, Salate, Suppen, Mousse au Chocolat zum Reinlegen und «den besten New York Cheesecake Berlins», wie uns versprochen wird. Und tatsächlich, Birtes Augen fangen an zu leuchten, als sie den ersten Bissen von ihrem Stück nimmt. Ob er nun besser ist als vis á vis bei Princess Cheesecake, weiß ich nicht, aber er gehört auf jeden Fall in meinem persönlichen NY Cheesecake-Ranking allermindestens in die Top 10. Davon abgesehen werden auch Vegetarier satt, was ich natürlich super finde, und sie werden nicht nur mit Salat und Suppe abgespeist, was ich noch besser finde. Aber ist denn nun alles koscher? Schließlich sitzen wir in der ehemaligen jüdischen Mädchenschule in einem Deli nach jüdischer Tradition, dessen Mitgründer aus einer jüdischen Familie kommt. «Wir sind nicht koscher», sagt Oskar vieldeutig und grinst. Es gibt hier auch Pulled Pork und milchig und fleischig werden eindeutig nicht getrennt. Dafür gibt es auch Matzoh-Ball-Soup, die sogar Oskars Mutter abnickt.

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Worauf eher Wert gelegt wird: Design. Die drei Bilder an der Wand sind eine Dauerleihgabe von einer befreundeten Galerie, die Möbel sind um den «Prikka Chair» des finnischen Designers Ilmari Tapiovaara entstanden. «Ich kann nichts», sagt Oskar, «außer so ein bisschen lila Einrichtung verteilen.» Kochen? Nee, das kann er schon gar nicht. Aber essen.

Das kann ich auch und verputze den Star des Delis: Das klassische Reuben. Als es mir serviert wird, hatte ich reflexhaft Angst vor akutem Kieferausrenken, so gigantisch ist dieses Sandwich. Oder auch eher: Den Turm zu Babel aus Rindfleisch, Käse, Krautsalat und «Thousand Island Dressing». Spoiler: Ich habe mir meinen Kiefer nicht ausgerenkt, war aber bis zum nächsten Tag satt – und sehr, sehr glücklich. Denn das selbstgemachte Pastrami, das kann was. So einiges sogar. Es ist genau richtig gewürzt und äußerst grozügig auf feinem Vollkorntoast aufgetürmt. Das hat allerdings auch seinen Preis, mit über zwölf Euro ist das Reuben mehr als doppelt so teuer als alle anderen Sandwiches auf der Karte. Aber wie gesagt: Dafür ist es auch eine vollwertige Mahlzeit, die mich das Abendessen lieber ausfallen lassen ließ. Und das Frühstück am nächsten Morgen. Nichts also, was man so mal zwischendurch snackt. Dafür bietet die Karte andere Alternativen. Dieses Sandwich kann man sich nur selten gönnen und das ist auch ganz gut so. Dass ich eine riesige Sauerei beim Essen angestellt habe, versteht sich natürlich von selbst. Macht aber nichts. Denn wisst ihr was? Mein Reuben-Sandwich ist meine Szene!

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*Sie hat es übrigens geschafft, wir ihr sehen könnt, und bat mich, hier zu schreiben, dass Oskar Melzer ihr noch 100 Tacken schuldet. Hiermit erledigt.

Die Fotos hat die liebe Birte Filmer gemacht, die mit ihrem großen Lächeln auch den grössten Fotomuffel vor die Linse kriegt. Ihre neue Seite solltet ihr unbedingt besuchen! Wer bis zum nächsten Abendbrot noch mehr mit mir futtern möchte, dem sei mein Blog Improkitchen an den Magen gelegt. Bald ist die Sommerpause nämlich vorbei!

Mogg & Melzer: Auguststraße 11 – 13 | Mo – So 10 – open end | Email: [email protected]

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