40 DAYS OF EATING 2015 #4 – House of Small Wonder

Am vierten Tag ihrer kulinarischen Reise durch Berlin tauchen Maria und Sophia in eine Wunderwelt ab. In der Nähe der Friedrichstraße befindet sich das House of Small Wonder. Hier begeistert nicht nur die japanisch-europäische Fusion-Küche, sondern auch die Gestaltung.

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1. Maria, erzähl von deinem Tag.

Der Tag ist noch jung, aber ich fühle mich alt. Irgendwie macht sich dann doch die Aufregung breit, dass Sophia und ich bald Geburtstag haben. Ich weiß, total albern. Jedenfalls will ich offensichtlich die letzten Stunden meiner 20s nicht verpennen, mich jung und dynamisch fühlen und leben – einfach nur leben. Am Ende liege ich nur im Bett und sinniere ein wenig über das Leben, die Liebe, Essen, Sport, Freunde und Verwandte. An einem Samstagabend. Offensichtlich wird es wirklich höchste Zeit, dass ich auch offiziell alt werde, um mich quasi altersgerecht zu verhalten. Nach einem kurzen Wegdämmern werde ich plötzlich von Geschnatter geweckt. Als ich die Tür zum Wohnzimmer öffne, grinsen mich 5 Mexikaner und Chilenen an. Mein Mitbewohner hat Besuch und es wird ordentlich Mezcal getrunken. Ich lege mich wieder hin, es ist nämlich früh am Morgen, ich bin entsprechend müde und gleich geht es zum Frühstücken in die nächste Location. Mitten im Nirgendwo aka: Mitte, Nähe Friedrichstadtpalast.

2. Wo habt ihr heute gegessen?

In dem wohl allerschönsten Ort auf der ganzen Welt. Ein zauberhafter Garten, irgendwo zwischen Japan, Isreal und den USA gelegen. 4. Dimension. Urwalt. Großstadtjungle. Das House of Small Wonder hat erst im Dezember 2014 eröffnet und ist nach dem gleichnamigen Etablissement in New York bereits das zweite Café dieser Art des Besitzerehepaares Shaul Margulies und Motoko Watanbe.
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3. Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?

So eine Karte habe ich noch nie gesehen: Hier gibt es amerikanisches Brunch/Frühstück mit einem japanischem Twist und einfach alles, was gut ist: All-Day-Lunch, All-Day-Brunch, Kaffee, Sandwich-Platten, hausgebackene Croissants und frische Säfte. Wir bekommen vor Entzücken glasige Augen. Fotografin Nora bestellt einen Matcha Latte, der so hübsch aussieht, dass man ihn gar nicht trinken mag. Deshalb steht er auch erst einmal eine Weile rum. Der Kaffee ist solide und mit nicht zu viel Chichi gemacht, was ich ja als angenehm empfinde. Jetzt wird erstmal gefrühstückt. Hausgemachte, französische Croissants mit Ahornsirup und Schlagsahne – sehr reichhaltig und süß. Dazu bestelle ich mir das vegane, japanische Frühstück: zwei Reisdreiecke mit Seetangbeilage, Shitaakepilzen und anderem Eingelegten. Dazu kommt eine Misosuppe. Die Reisbatzen überzeugen durch eine sehr feine Würze – eine Variante wurde mit Misopaste gewürzt, die andere mit einem japanischen Kraut, welches mir niemand näher erklären konnte. Ich empfehle, die doch recht trockenen Batzen mit den Händen zu essen: Dazu einfach jeweils einen Teil in die Suppe tunken und abbeißen. Danach gibt es noch eine kleine Schale sehr wohlschmeckende Cornsoup (Maissuppe). Nachdem wir schon zwei Stunden da waren, bestellen wir zusätzlich noch "Tsukune Don" als Lunch: japanische Hühnerklöße auf einem Bett aus Reis mit einer süßen Soyasoße – etwas raffinierter als das sonst eher schüchterne Frühstück.

4. Wie ist der Service dort?

Das Personal ist japanisch und wird von Motoko angeführt. Sehr aufmerksam und sehr höflich. Es gibt noch einige Verständigungsschwierigkeiten, das finde ich aber eher liebreizend als störend. Mit Englisch kommt man hier aber definitiv weiter als mit Deutsch.
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5. Was gefällt dir an dem Laden besonders, was nicht?

Dieser Raum und die gesamte Atmosphäre laden so sehr zum Verweilen ein, dass die Grenze zwischen den einzelnen Mahlzeiten verschwimmt. Wir waren 2,5 Stunden da. Irre. Rappelvoll.

6. Wie würdest du die Menschen in dem Laden beschreiben?

Familien, Mittelständler, einige Hipster (aber nicht zu viel), Kreative, Agentureigentümer.

7. Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen und warum?

Sterneköche! Hier gibt es keine Haute Cuisine. Der Ort ist eher als ein nettes Café zu verstehen. Sicherlich gibt es noch Optimierungsbedarf, was Service und Speisen angeht. Aber: Wenn ihr mal mit konsequent sympathischen Leuten vom Großstadtjungle abtauchen und in eine andere Welt eintauchen wollt: Hingehen!

8. Worüber habt ihr gesprochen?

Shaul setzt sich ziemlich schnell zu uns und wir kommen ins Schwatzen. Er ist wahnsinnig witzig und wir lachen viel, außerdem weiht er uns in zukünftige Pläne ein und wir dürfen sogar schon eine weitere Besichtigung antreten. So viel sei schon verraten: Die Augen kullern uns fast aus den Köpfen. Zwischendurch kommt seine und Motokos Tocher angehüpft, quiekt rum, spricht einen Mix aus Englisch, Hebräisch und Japanisch und ist gleichzeitig eines der niedlichsten Kinder, das ich jemals gesehen habe. Der Laden ist einfach perfekt. Ich denke ernsthaft über Adoption nach, also dass sie mich adotieren. Eventuell ist der Zug aber bereits abgefahren.

9. Was hast du Neues über deine Schwester gelernt?

Sophia wirkt ja manchmal grummelig, aber man kann sie mit einigen Löffeln Maissuppe ganz einfach aus der Reserve locken. Zum Schluss wurden nämlich großzügig Umarmungen verteilt.

10. Das Beste an diesem Essen...

Maissuppe.

11. Möchtest du noch etwas sagen?

Maissuppe!

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1. Sophia, erzähl von deinem Tag.

Sonntag. Lieblingstag! Trotz gigantischer Wein-Fett-Knofi-Orgie gestern, bin ich früh wach und fühle mich topfit. Höchste Zeit also, diesen Tag zu rocken! Denn: Heute ist der letzte Tag in unseren 20ern! Und genau das wird mir soeben schlagartig bewusst. Irre! Morgen sind Maria und ich 30! Alt, halbtot, bisschen senil. Kein Wunder also, dass beim Aufwachen die 20er in Zeitraffer noch einmal vor meinem inneren Augen entlang rauschen. 20–25: Straucheln, stolpern, träumen und sich immer wieder verrennen. 25–29: Einfach machen, weniger rennen, dafür mehr in die Höhe klettern. Ist doch toll! Irgendwie kann ich mich aber nicht mehr an so richtig viel erinnern. Alles richtig gemacht also. Nee, jetzt mal Scherz bei Seite! Ich freue mich wie blöd auf die 30. So richtig verstehe ich auch nicht, wieso alle immer so einen Heckmeck darum machen. Das sind also unsere Gespräche, als wir uns auf den Weg zur Friedrichstraße machen. Es ist 12 Uhr und die Stadt schlummert noch. Wir sind hellwach (na jaaaaaaaaa) und haben Hunger!

2. Wo habt ihr heute gegessen?

Nehmt euch in Acht vor dem weißen Kaninchen, denn heute tauchen wir in eine Zauberwelt ein! Welcome to Wonderland im House of Small Wonder in Mitte.
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3. Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?

Erstmal Karte abchecken. 12 Uhr mittags, ist das jetzt noch Brunch oder schon Lunch? Is' ja auch wurscht, denn im Wunderland gibt's zum Glück beides. Erstmal einen Kaffee, is' klar. Aber was jetzt essen? Wir bestellen eine Sandwich-Platte, French Toast und einem ziemlich abgeflippt klingendes japanisches Frühstück. Da ich morgens keine Süße bin, stürze ich mich sofort auf die zwei Stullen der Sandwich-Platte, welche aus einem Toast mit Avocado und Käse und einem Toast mit Mozzarella und Tomate sowie einem Tomatensalat besteht. Die Sandwiches sind ganz ok, das Toastbrot ist knusprig, der Belag ausreichend. Alles in allem ein solides Frühstück. Aaaaaber, ich bin ja noch nicht fertig. Denn zur Stullenplatte gehört noch ein kleines Schüsselchen voll sanfter, warmer, leckerer Maissuppe. Ich probiere einen Löffel. Ich mache große Augen. Ich bin glücklich, einfach nur glücklich. Aber natürlich muss ich auch das französische Toast probieren. Süß, sanft, warm und sabschig ist es. Shaul erklärt uns, dass diese matschige Konsistenz "Muschi" genannt wird, was beim Personal schon für sehr viel Erheiterung gesorgt hat.

4. Wie ist der Service dort?

Hier sind ja alle SO NETT! Japanisch-freundlich, höflich und bemüht. Also nicht bemüht im Sinne von "der kleine Jeremy-Pascal hat sich im Mathe-Unterricht immer bemüht". Nein, hier hat man echt das Gefühl, dass die Zufriedenheit der Gäste ganz hohe Priorität hat. Klar gibt es die eine oder andere Sprachbarriere, aber die wird charmant weggelächelt und schlussendlich bekommt jeder Gast doch das, was er/sie bestellt hat.
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5. Was gefällt dir an dem Laden besonders, was nicht?

Die Atmosphäre hier ist wirklich einmalig! Als würden wir hoch oben in einem Baumhaus sitzen und den Blick über die Friedrichstraße gleiten lassen. Hier will man gar nicht mehr weg! Es wurde viel Zeit und Mühe in die Inneneinrichtung investiert und diese Liebe zum Detail ist richtig erfrischend für Berlin, wo leider noch viel zu oft einfach nur die Raufasertapete von den Wänden gerissen, Möbel von Oma verteilt und eine Bar aus Spanplatten gezimmert wird. Das ganzheitliche Konzept des House of Small Wonder überzeugt (zumindest mich) und ich habe tatsächlich das Gefühl, für ein paar Stunden in eine Traumwelt abzutauchen. Graues Berlin? Kann draußen bleiben!

6. Wie würdest du die Menschen in dem Laden beschreiben?

Alle lächeln, alle sind happy. Kleinfamilien und Agenturfuzzis.

7. Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen und warum?

Mit Leuten, die ein eindeutiges Food-Konzept bevorzugen. Hier gibt's Asiatisch-amerikanisch-israelisch. So richtig einordnen kann man das Essen dann allerdings auch nicht.

8. Worüber habt ihr gesprochen?

Erst einmal gibt es ein liebevolles Wiedersehen mit Fotografin Nora. Die haben wir im letzten Jahr sehr lieb gewonnen und leider haben wir es nicht geschafft, uns noch einmal zu sehen. Also: drücken, knutschen, schnattern und sich gegenseitig anmalen! Kaum ist die ausschweifende Begrüßung beendet, setzt sich auch schon Chef Shaul zu uns und kommt ins Quatschen. Er berichtet von seinem Café, dem Restaurant in New York und von Zukunftsplänen. Außerdem ist der Herr so witzig, dass mir vor Lachen beinahe die Maissuppe fontänenartig aus der Nase spritzt.

9. Was hast du Neues über deine Schwester gelernt?

Maria tut ja immer unnahbar. Ist sie aber nicht. Die ist ganz lieb und zutraulich. Nur anfassen darf man sie nicht!

10. Das Beste an diesem Essen...

Maissuppe!

11. Möchtest du noch etwas sagen?

Maissuppe!

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Beim letzten Mal waren die Zwillinge in der Bar Raval essen. Alle Folgen 40 DAYS OF EATING gibt es hier.


Location: House of Small Wonder, Johannisstraße 20, 10117 Berlin
Fotos: Nora Tabel
Text: Maria und Sophia Giesecke

Mit freundlicher Unterstützung von Fissler

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