40 DAYS OF EATING 2015 #13 – Martha's

Wir gönnen den Zwillingen mal ein bisschen Regen-, Wind- und Fast-Food-Erholung und lassen sie nobel bei Martha's essen gehen. Da ist's nämlich überdacht und das Essen kommt von einem Mann, der schon in Sterneküchen stand.

Marthas, 40 Days of Eating

1. Maria, erzähl von deinem Tag.

Ich hätte gerne einen Stempel fürs Gesicht. Dieses ewige "Hübschseinmüssen" geht mir langsam auf den Sack. Die Schminkdichte wächst mit jedem Tag, gilt es doch, das am Vorabend so leichtsinnig hineingeschüttete Glas Wein wegzumogeln. Wir sind 30, da ist nicht viel mit Wegmogeln. Kalte Gesichtsdusche, das hilft bei Pharrell und Naomi doch auch! Wo sind eigentlich meine ganzen Klamotten hin? Heute renne ich durch die Stadt, ein Meeting jagt das nächste und der Orkan jagt mich.

2. Wo habt ihr heute gegessen?

Abends geht es nach Schöneberg: Martha's Restaurant.
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3. Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?

Der Blick auf die Karte irritiert. Sind die Überschriften noch im kindlich  verspielten Ton gehalten, klingen die Preise eher nach gehobenem Mittelstand um die 50. Strahlt der Gastraum noch Gemütlichkeit aus, verspricht das Menü gehobene Gastronomie. Kein Wunder, hier kocht jemand, der auch schon für Sterneküchen im Einsatz war: Manuel Schmuck. Das Service-Bärchen verführt uns sogleich mit prickelndem Schaumwein, den hat Besitzer Ulf irgendwo aufgetrieben – also das Bärchen und den Wein. Es folgt: kunstvoll angerichtetes Essen auf Tellern, die nach Granit aussehen und eine liebevolle Umrandung durch Schäumchen erfahren – ihr wisst ja, da sind wir manchmal etwas krüsch. Erstmal die Magenwand auf Betriebstemperatur bringen: mit hausgebackenem Brot mit Blutwursteinlage. Geil! Die Vorspeise kann ebenfalls voll und ganz überzeugen: Ich bestelle "Surf & Turf", Oktopus auf spanischer Wurst. Die Wurst ist würzig und kross gebraten, der Oktopus ist zart und sträubt sich nicht gegen eine Zerkleinerung. Service-Bärchen empfiehlt mir als Hauptgang das geschmorte (glückliche) Huhn. Nehme ich auch. Dieses an Hühnerfrikassee erinnernde Schmorgericht katapultiert mich in meine Kindheit, nur eben nicht mit Tiefkühlerbsenbeilage, sondern mit 1a zart gegartem Hähnchen in leckerer Soße. Daumen hoch. Die Küche würde ich als eine Neuinterpretation der deutschen Küche beschreiben, welche einen kurzen Abstecher nach Spanien macht. Da isses ja auch wärmer. Das Essen hier ist relativ teuer und die Portionen relativ übersichtlich, deswegen empfehle ich ein Menü. Vergesst trotzdem auf gar keinen Fall den Nachtisch: Sauerrahmeis mit leckerem Schokokuchen.

4. Wie ist der Service dort?

Service-Bärchen ist erstaunlich flippig für diesen Laden. Besitzer Ulf setzt sich zu uns und plappert aus dem Nähkästchen. Sowas mögen wir ja immer sehr, da hat man direkt mehr Bezug zum Laden. Wir erfahren: Martha ist die wunderschöne Tochter von Ulf. Haste gut gemacht, Ulf. Alles.
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5. Was gefällt dir an dem Restaurant besonders, was nicht?

Ich muss schon sagen, irre. Sämtliche Vorurteile über Schöneberg und Schickimicki erst mal in die Tonne kloppen, bevor man das Martha's betritt. Die indirekte Beleuchtung und der Ledertresen strahlen eine klasse Lässigkeit aus, die von der Küche dann direkt mal in die Kniekehle getreten wird: Hier gibt es krasse Pinzetten-Schäumchen-Küche in einem familiären Umfeld. Ich bin nicht unbedingt Fan des leuchtenden Wandtattoos, aber dafür von den Toilettenräumen. Schick. Ulf, der früher Architekt war – oder ist, so richtig los wird man das wohl nie –, hat vor Kurzem auf Gastro umgesattelt, nicht ohne seinem neuem Baby einen neuen Anstrich zu verpassen.

6. Wie würdest du die Menschen in dem Restaurant beschreiben?

Casual Tuesday. Hier muss man zwar tiefer in die Tasche greifen, dafür darf man aber auch länger bleiben und es sich in dem gemütlichen Laden in seinen gemütlichen Klamotten so richtig schön gemütlich machen. Gemütlich.

7. Mit wem würdest du definitiv nicht hierherkommen und warum?

Gerichte, welche Fingerspitzengefühl in der Anrichtung (und Zubereitung) brauchen, sind entsprechend kostspielig. Demnach würde ich eventuell nicht mit der studierenden Cousine hierher gehen – es sei denn, man möchte sie einladen. Solventen Besuch? Haste gerade Abi gemacht und willst dir die 3+ in Mathe ordentlich belohnen lassen: Hingehen.
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8. Worüber habt ihr gesprochen?

Wir mussten heute über uns reden. Es gab Gastesser von einem großen, deutschen Internetportal. Um sie ein wenig abzulenken, haben wir ziemlich viel von unseren Tellern in die kleinen Journalistenmäulchen gestopft. Wer kaut, kann keine Fragen fragen.

9. Was hast du Neues über deine Schwester gelernt?

Kamera an. Ich so: "Grnarf gnigno äääh, Maria, ja, so heiße ich." Sophia so: "Also, blablablablablablabalbalbalbalblal". An der Frau ist eine Nachrichtensprecherin verloren gegangen. Mir ploppen fast die Augen raus. Zukünftige Rollenverteilung bei Interviews: Ich bin für die Witze, Sophia für die wirklichen Inhalte zuständig.

10. Das Beste an diesem Essen...

Das Dessert.

11. Möchtest du noch etwas sagen?

Also, wenn ihr irgendwann mal ein Interview von uns seht und uns kurz nicht unterscheiden könnt: Die Trulla, die da blöd rumgluckert und nervös rumzappelt: Das ist Sophia. Ich bin die Kompetente daneben. Eventuell ist es auch andersrum.

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1. Sophia, wie war dein Tag?

Juhu! Der Abend gestern war dann doch noch ganz nett: Es gab bei Maria eine Party auf dem Sofa, mit Pizza und TV und Katze auf dem Bauch. Natürlich habe ich es danach nicht mehr nach Hause geschafft und somit sehe ich heute noch ein bisschen mehr aus wie meine liebe Schwester: Ich habe mich hemmungslos an ihrem Kleiderschrank bedient. Das mache ich ganz gerne mal, weswegen sich ein positiver Füllstand meines Kleiderschranks immer negativ auf die Fülle von Marias Kleiderschrank auswirkt. Das Leben kann eben doch manchmal so einfach sein!

2. Wo habt ihr heute gegessen?

Im Martha's in Schöneberg. Schön hier.
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3. Was hast du bestellt und wie hat das geschmeckt?

"Martha holt sich richtig Appetit!" Oder eben Sophia. Ich bin den Fleischkonsum der letzten Tage nicht gewohnt, hab vorerst genug und bleibe heute vegetarisch. Als Entrée wird Brot mit eingebackenem Räuchertofu gereicht, als vegetarische Alternative zum Blutwurstbrot. Die, die mich kennen wissen: Räuchertofu ist mein Feind. Aber das Brot ist wirklich lecker. Und 1–2–aufgegessen. Weiter geht es mit der Vorspeise: gebeizte Avocado mit Miso-Vinaigrette, Rübengemüse und knusprige Vitelotte. Ich habe nicht den leisesten Schimmer, was eine Vitelotte ist. Egal, ich esse sie trotzdem. Gute Entscheidung! Hervorragende Entscheidung! Buntes Wurzelgemüse tummelt sich mit Avocado in einer perfekten Vinaigrette, Fotografin Milena und ich fechten mit unseren Gabeln um die besten Stücke. Ich denke ganz kurz darüber nach, ob man in einem so schicken Restaurant den Teller ablecken darf. Spoiler: Nicht machen. Weiter geht es mit Schupfnudeln. Ich erwarte einen randvollen Teller und bekomme eine riesige, gekringelte Nudel. Die Augenbraue wandert nach oben, ambivalente Gefühle machen sich breit. Die Nudelwurst wird mit Blumenkohl und Shimey-Pilzen gereicht. Ich bin ja Ehrenmitglied (hihi) im Blumenkohl-Fanclub, also freue ich mich sehr über all die Cremes, Schäumchen und Kleckse auf meinem Teller. Die Nudel und ich hingegen werden keine Freunde. Maria ist Fan vom Schokokuchen begeistert, ich hingegen könnte mich in das Sorbet aus Blutorange und Spekulatius mit Erdmandel-Gewürzmilch reinlegen! Saures Eis trifft süße Soße. Mjam!

4. Wie ist der Service dort?

Flauschig, nett, sehr zuvorkommend.
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5. Was gefällt dir an dem Restaurant besonders, was nicht?

Der Name des Etablissments ist Programm: Martha hier, Martha da, sogar auf der Karte holt sich Martha Appetit oder hat Martha Bock auf Fleisch. Langsam, aber sicher frage ich mich: Who the f*** is Martha? Martha stellt sich dann aber ganz schnell als ziemlich heiße, junge Dame heraus. Wäre das also auch geklärt. Besitzer Ulf setzt sich auch noch ein Weilchen an unseren Tisch und wir schwatzen etwas über Ulfs Lichtfimmel. Der Herr ist nämlich auch noch Architekt. Ach watt, uns sind die aufwändigen Lichtinstallationen auch schon aufgefallen. Ulf schwärmt von der Wandfarbe und erzählt uns was über Wischtechnik. Wir mümmeln und lauschen und sind hocherfreut darüber, dass hier jemand mit so viel Liebe am Werk war. So etwas gefällt uns immer sehr.

6. Wie würdest du die Menschen in dem Restaurant beschreiben?

Lachen die uns gerade aus? Da wir heute zu fünft sind und außerdem die ganze Zeit noch gefilmt wird, ziehen wir noch mehr Aufmerksamkeit an als sonst. Das viele Tamtam wird teilweise belächelt, am Nachbartisch höflich ignoriert. Bis wir gehen wollen, da nutzen die Herren neben uns die Gelegenheit und quetschen mich erst einmal 5 Minuten darüber aus, was das denn bitte alles soll. Restauranttipps werden ausgetauscht, die Stimmung ist ausgelassen. Sowieso haben hier alle echt ziemlich gute Laune. Könnte am ziemlich guten Wein und dem ziemlich guten Essen liegen. An den meisten Tischen wird viel getrunken und noch mehr geplauscht. Ich beobachte den ganzen Abend zwei Freundinnen am Tisch gegenüber, beide um die 40, und beide scheinen den Abend ihres Lebens zu haben. Aber eigentlich sind hier alle Altersgruppen vertreten. Typisches Schöneberger Publikum, würde ich jetzt mal ganz keck behaupten.Marthas_MilenaZwerenz (36 von 63)

7. Mit wem würdest du definitiv nicht hierher kommen und warum?

Mit Leuten, die auf's Geld gucken müssen. Feste feiern hingegen kann man hier super! Für solche Anlässe gibt es sogar einen riesigen Tisch weiter hinten.

8. Worüber habt ihr gesprochen?

Wir reden viel über 40 Days of Eating und unsere Beweggründe, so ein wahnwitziges Projekt zu machen.

9. Was hast du Neues über deine Schwester gelernt?

Maria ist die absolute Königin der Situationskomik. Ich verfalle in Stresssituationen oder bei Interviews ja gerne in eine Art Schockstarre, rattere dann nur schnell alle wichtigen Infos runter und hechte, so schnell es geht, wieder aus dem Bild. Maria hingegen kann stundenlang mit Journalisten schnattern und ist verdammt witzig. So witzig. So unfassbar witzig.

10. Das Beste an diesem Essen...

Die Vorspeise. Und die gute Stimmung zum Schluss.

11. Möchtest du noch etwas sagen?

Meine Stimmungskurve ist ja zur Zeit immer gleich: Vor dem Essen ganz mies, nach dem Essen ganz toll. Ich bin eine kulinarische Sinuskurve. Heute haben es die zauberhaften Menschen um mich herum und das gute Essen mal wieder geschafft, mir ein breites Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Danke!

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Beim letzten Mal waren die Zwillinge bei Mustafa's Gemüse Kebap essen. Alle Folgen 40 DAYS OF EATING gibt es hier.


Location: Martha's, Grunewaldstraße 81, 10823 Berlin
FotosMilena Zwerenz
Text: Maria und Sophia Giesecke

Mit freundlicher Unterstützung von Fissler

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