Wie ich versuchte, meiner Mutter Social Media zu erklären

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"Warte kurz, ich mach 'ne Story davon." – "Watt machst du?" Meine Mutter schaut mich mit fragenden Augen an. Ich zeige ihr, was eine Instagram-Story ist und vergesse dabei glatt, dass sie ja nicht mal weiß, was es mit Instagram auf sich hat oder was ein Filter ist, geschweige denn, was swipen bedeutet.

Spätestens seit meinem Praktikum bei Mit Vergnügen merke ich, wie wenig meine Mama von sozialen Medien versteht. Wenn ich versuche, ihr meine tägliche Arbeit näher zu bringen, kommen Fragen auf, die ich mir selbst nie gestellt habe. "Wieso postest du das jetzt?", "Wer schaut sich das an?". Ihr zu erklären, dass ein Online-Magazin nicht nur von einer Homepage lebt und dass ich auch am Wochenende gern am Smartphone bin, ist nicht leicht. Sie will am Wochenende eher in die Natur. Da will sie keine Bildschirm haben und ist auch mal froh, nicht das Handy in der Hand zu haben. Bei ihrer Arbeit, klar, da nutzt sie einen PC, aber in der Freizeit, wieso denn?

Soziale Medien sind ein fester Bestandteil in meinem Leben

Vor einer Weile wollte ich sie meiner Welt ein bisschen näher bringen und sie bei Facebook anmelden. Natürlich ist es vielleicht nicht gerade super, wenn die Mama der größte Fan des eigenen Profils wird, ständig ihre Katzenbilder postet und alles kommentiert und teilt, was geht, aber immerhin kann sie dann sehen, was ich so mache, sich mit alten Freunden vernetzen und Veranstaltungen in ihrer Gegend suchen.

Ich zeigte ihr Freunde, mit denen ich über Kilometer hinweg Kontakt halten kann. Ich habe mal eine Typen aus San Francisco kennengelernt, wir schreiben immer noch wöchentlich und das ganz ohne Briefe. Wir können die Kommunikation aufrecht erhalten. Doch meine Mutter ist der Meinung, das braucht sie nicht, das brauchte man früher schließlich auch nicht. Für sie sind soziale Medien ein Gadget, was die jüngeren Leute nutzen, ein moderner Schnickschnack, ihre Freunde hätten sowas ja auch nicht. Sogar mit dem Argument, dass die meisten älteren Menschen inzwischen auf Facebook angemeldet sind, konnte ich sie nicht locken.

Der nächste Versuch, ihr Instagram zu zeigen, erklären und näher zu bringen, ging auch in die Hose. Ich finde es toll, dass ich beispielsweise bei einer Freundin, die gerade Urlaub in Kenia macht, alles hautnah miterleben kann, als wäre ich im Urlaub dabei. Meine Mutter brauchte erstmal eine ganze Minute, um überhaupt ein Bild anzuklicken und dann zu entscheiden, ob sie es liken möchte oder nicht. Ihre Aussage: "Dem Mädchen würde ich erstmal was zu essen geben. Ganz schön dürre das Kind. Und was ist mit ihrem Mund? Kann sie nicht lachen?" Einzig für Accounts mit Katzenfotos konnte ich sie begeistern.

Sie brauchte eine ganze Minute, um ein Bild anzuklicken und dann zu entscheiden, ob sie es liken möchte oder nicht

Ich war zwiegespalten, ob ich meiner Mutter auch noch alles andere zeigen wollte, was sich auf meinem Smartphone an Apps tummelt, oder es einfach lassen sollte. Ich entschied mich für die zweite Variante. Denn ich fragte mich, ob es jemand, der ohne Apps, soziale Netzwerke und Filter ins Erwachsenenalter geschafft hat, überhaupt jemals verstehen wird, was wir jeden Tag machen – und ob sie das überhaupt muss.

Am Ende gab ich also auf. Denn auch wenn ich es genieße, in meinem Bett zu liegen und mit anderen Menschen über eine App an fremde Orte zu reisen, kann ich meine Mutter nicht dazu zwingen, das ebenfalls zu tun. Zu nutzen, was ich nutze. Wir sind uns schließlich auch so nah genug.

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