Wir waren mit Sarah Kuttner und Stefan Niggemeier fernsehen

© Hella Wittenberg

Mal so richtig entspannt zusammen Fernsehgucken? Wir haben das mit Sarah Kuttner und Stefan Niggemeier ausprobiert. Bei Kaffee und Chips wollten wir von ihnen wissen, was sie von aktuellen Serienhypes halten. Was können sie empfehlen? Was sollten wir lieber nicht schauen? Denn genau das lassen uns die zwei Medienprofis auch in ihrem neuen Podcast auf Deezer, „Das kleine Fernsehballett", wissen. Doch mit Entspannung pur hat das nichts zu tun. Hier werden sich die Köpfe heißgeredet. Auf geht’s zur Trailerschau!

Ihr geht sonntags regelmäßig mit euren Hunden Gassi. Dabei habt ihr auch eure gemeinsame Liebe fürs Fernsehen und darüber diskutieren entdeckt. Müsst ihr euch, seit ihr den Podcast macht, mehr bei der Themenwahl beim Spazierengehen einschränken, weil ihr nicht mehr über Serien reden könnt?

Stefan Niggemeier: Ja, es macht so viel mehr Arbeit als gedacht. Ständig müssen wir uns bremsen, um nicht alles schon beim Spazieren zu verraten und auch sonst ist das sehr anstrengend. Ich gucke nur noch, was wir uns für die Sendung als Hausaufgabe aufgeben. Ich habe seit Monaten keine Folge „Friends“ mehr geschaut.

Sarah: Also das schaffe ich noch! Aber ich habe auch nicht so viel zu tun wie du. Richtig hart finde ich es, wenn ich für den Podcast etwas total Langweiliges gucken und mir dazu noch Notizen machen muss.

Lasst uns mal mit der Trailerschau beginnen!

4 Blocks: Gute Bärte

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Sarah: Ich habe das Gefühl, dass jeder in dieser Serie Bushido ist.

Stefan: Die haben alle sehr gute Bärte. Aber ich würde sagen, einige sind auch Sido.

Sarah: Nee, der sieht ja mittlerweile lieb und bärchenhaft aus. Aber wer ist der Typ da?

Stefan: Wir werden so als Nichtskenner auffliegen...

Das ist Frederick Lau.

Sarah: Den mag ich. Aber ich bin leider echt kein Crime-Typ. Wobei das generell ganz gut gefilmt aussieht.

In der Beschreibung heißt es: „Eine Geschichte über Freundschaft, Familie, Verrat und Schuld.“

Sarah: Geht es nicht immer darum? Mein ganzes Leben ist Freundschaft, Familie, Verrat und Schuld! Da würde ich jetzt nicht dran bleiben. Eine richtig gute Serie muss mich schon am Ende der ersten Folge gekriegt haben. Ich muss wissen wollen, was als nächstes passiert. Das ist der einzige Grund, warum ich überhaupt noch „The Walking Dead“ gucke.

Stefan: Das habe ich noch nie gesehen!

Sarah: Ja, aber ich schaue sie halt schon immer und jetzt muss ich einfach wissen, wie es weitergeht. Auch wenn ich finde, dass sie inzwischen komplett unrealistisch geworden ist.

House of Cards: Symmetrie-Wahnsinn

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Stefan: Ich fand die Serie am Anfang toll. Die Geschichte war toll. Der Stil war toll. Aber bei der vierten Staffel hab ich dann aufgehört, weil mir das zu abgedreht wurde. Ähnlich wie bei „Sherlock“ hatte ich hier das Gefühl, der Erfolg hat bewirkt, dass man in den folgenden Staffeln nur noch extremer in allem werden wollte. Außerdem fing ich irgendwann an, zu schauen, wie symmetrisch der Vorhang im Hintergrund ist. Und das kann kein gutes Zeichen für einen Polit-Thriller sein, wenn ich da sitze und mir über die Vorhänge Gedanken mache.

Sarah: Hierbei bin ich echt komplett leidenschaftslos. Ich mag zwar Kevin Spacey, aber er hat gleich zu Beginn einen Hund getötet, da war ich dann raus. Aber im Ernst: auch das ist einfach nicht mein Genre. Ich bin eher so ein Drama- oder Mysteriefan. Mit „House of Cards“ bin ich einfach nicht warm geworden.

Ihr guckt alles im Original?

Stefan: Ja, bei den Synchronisationen geht so viel verloren.

Sarah: Es gibt Gründe, warum man Schauspieler castet. Dabei spielt auch ihre Art des Sprechens eine Rolle. Da wird ja sogar die Tonlage verändert. Unterm Strich wird dann jede Figur von zwei Menschen gespielt: dem Schauspieler und dem Synchronsprecher. Das ist sehr oft schlecht und verwirrend.

Blockbustaz: Eko Fresh ist total real

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Stefan: Ich kann mich auf so eine deutsche Sitcom nicht mehr einlassen. Das ist schlecht gespielt und die Witze sind karnevalsmäßig. Es fehlen nur noch die falschen Lacher im Hintergrund. Mich erinnert das sofort an „Ritas Welt“. Und das brauche ich nun wirklich nicht mehr im Jahr 2017.

Sarah: Nicht alle spielen schlecht. Der Eko Fresh ist vielleicht eine Dumpfbacke, aber er spricht seinen Text so, dass es für mich realistisch klingt. Aber das Schlimme ist, dass sie mit dem Anspruch heranzugehen scheinen, etwas total Witziges zu machen. Sie denken wahrscheinlich auch, witzig ist einfacher als Drama. Dabei ist Humor das Schwerste. Wenn etwas darauf ausgelegt ist, witzig zu sein, kommt es bei mir meist nicht an. Das wirkt zu bemüht.

Was ist denn wirklich witzig?

Stefan: Ich finde „Silicon Valley“ witzig. Bei der Serie merkt man, dass es von Leuten für Leute gemacht wurde, die wissen, wie Serien funktionieren. Und dann spielen sie mit der Erwartungshaltung. In einer Folge von „Silicon Valley“ überlegen sie sich wie sie ihren bösen Chef reinlegen können. Als Zuschauer erwartet man, dass es klassischerweise 30 Minuten dauert, bis der Plan schiefgeht, aber hier verhauen sie es schon nach zwei Minuten. Das funktioniert als Klamauk, aber es ist doppelt witzig, weil alle Menschen, die schon mal eine Serie geguckt haben, sich denken: Das hätte ich jetzt nicht erwartet! Bei vielen deutschen Serien habe ich das Gefühl, die Macher würden glauben, man hätte vorher noch nie eine Serie und so einen Witz gesehen.

Sarah: Weirde Alltagsmomente sind oft witzig, „Please like me“ ist da ein sehr gutes Beispiel. Pointen finde ich dagegen gefährlich.

Stefan: Obwohl „Modern Family“ sehr modern zur Pointe hinerzählt. Nur machen die das mit einem großen Repertoire: Mal kommentiert einer das Geschehen, mal gibt es einen Zwischenschnitt...

Unbreakable Kimmy Schmidt: Krasse Witzdichte

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Stefan: Das überfordert mich. Eigentlich müsste man nach jeder Szene die Folge anhalten und schauen, wie viele Pointen darin verknotet waren. Dazu kommt noch, dass mir die Figuren zu künstlich sind.

Sarah: Wenn so etwas wie „Unbreakable Kimmy Schmidt“ erfolgreich ist, muss es genügend Leute geben, die Bock auf eine derartige Witzdichte haben. Das sind auch die, die zu Mario Barth gehen.

Stefan: Was? Nein! Da gehen die Leute hin, weil sie schon alle Witze kennen, die kommen.

Sarah: Naja, auf jeden Fall glaube ich, dass sich die Macher einer Serie zwischen Tiefe und permanentem Witz entscheiden müssen. Weil man nur eine gewisse Zeit hat, um das eine gut zu machen.

Stefan: Ich finde, die Ausgangssituation bei „Unbreakable Kimmy Schmidt“ ist der Wahnsinn. Die Idee, eine Sitcom um eine kaputte Frau zu machen, die Ewigkeiten im Keller gehalten wurde, ist originell und abgründig. Doch die ging ungefähr ab Folge 4 komplett verloren.

Sarah: Die Macher haben sich für Witz statt Tiefe entschieden. Die Geschichte, dass sie ewig festgehalten wurde, erinnert schon sehr an Natascha Kampusch, und da ist nichts Witziges dran. Also hat man sich entschlossen, etwas viel leichter Verdauliches zu zeigen. Schade eigentlich.

Girls: Sympathisch verdrehte Charaktere?

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Stefan: Die Serie habe ich nicht bis zum Ende durchgehalten. Die haben mich irgendwann verloren – ich hatte aber auch das Gefühl, dass ich da nicht Zielgruppe war. Das war am Anfang faszinierend, aber mir später zu fern.

Sarah: Ich habe bis zum Schluss durchgehalten, obwohl ich finde, die haben sich alle zurück- und nicht weiterentwickelt. Irgendwann hat mich nur noch die Mode interessiert. Nach einer Weile fand ich alle einfach nur noch scheiße. Ich habe mich richtig darüber geärgert. Erst vor kurzem habe ich mir überlegt, ob die Serie aber vielleicht genau das darstellen will. Ich bin auf das hereingefallen, was mir selbst häufig mit meinen Büchern passiert. Da sagen mir die Journalisten oft, dass sie die Hauptfiguren wahnsinnig unsympathisch und anstrengend finden. Und ich kann darauf nur sagen: Ich weiß, dass sie das sind, ich habe sie ja so geschrieben. Trotzdem frage ich mich, ob Lena Dunham nicht doch insgeheim glaubt, sie würde da sympathisch verdrehte Charaktere zeigen. Menschen, die man liebhaben muss, weil sie so süß anstrengend sind.

I Love Dick: Kevin Bacon trägt ein Lamm

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Stefan: Das basiert doch auf so einem Frauenbuch. Das muss ich also nicht kennen.

Sarah: Ich will das schauen. Das ist von den „Transparent“-Machern. Da sehe ich jetzt schon, dass das meins ist.

Stefan: Aber wie oft sie jetzt „Dick“ gesagt hat!

Sarah: Aber Kevin Bacon trägt ein Lamm! Das der überhaupt noch lebt... In den war ich früher, zu „Flatliners“-Zeiten, total verliebt. Das weiß ich noch so genau, weil das in dem einen Jahr war, in dem ich das einzige Mal in meinem Leben Tagebuch geführt habe. Ich war um die 13 und war so verknallt, dass ich alles von Kevin Bacon aus Zeitschriften ausgeschnitten und in mein Tagebuch reingeklebt habe. Aus uns hätte echt was werden können. Wir haben ja auch ungefähr die gleiche Körpergröße.

Jetzt wissen wir Bescheid: Die Zukunft der Serien sieht rosig aus! Wenn ihr noch mehr von Sarah und Stefan hören wollt, klickt euch jetzt durch die Podcast-Folgen.

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