Allein gelassen und ausgelacht – Meine verzweifelte Suche nach einem Krippenplatz in Berlin

© Marie Brüsch

Mein Freund und ich sind seit über 8 Monaten Eltern. Das ist schön, sogar das Schönste, was mir in meinem Leben je passiert ist. Aber es bereitet mir auch Kopfschmerzen. Damit meine ich nicht das Windeln wechseln, füttern oder der wenige Schlaf. Nein, ich meine die Suche nach einem Krippenplatz.

Ich, meines Zeichens Organisationstalent und Sicherheitsnetz-Liebhaber, habe mich bereits vor der Geburt bei zwei Wunschkindergärten vormerken lassen. Das mag komisch wirken, ein ungeborenes Kind einfach schon mal für etwas vorzumerken, aber in der Hauptstadt gehört das zum Pflichtprogramm einer werdenden Mutter. Leider hilft selbst diese Voraussicht in Berlin nichts, wie ich am eigenen Leib erfahren habe.

Als ich etwa drei Wochen nach der Geburt meiner Tochter bei meinen beiden Kindergärten anrief, um mich mal nach dem Stand der Dinge zu erkunden, bekam ich gleich eine Absage für meinen Wunschtermin im Februar 2018. Von beiden Kindergärten. 2017 sei schon alles voll, nicht mal Geschwisterkinder könnten untergebracht werden und 2018 gebe es erst ab August wieder was. Im Sommer verlassen die Schulkinder die KiTa und es werden Plätze frei. Theoretisch. 2017 sind das leider weniger Plätze als bisher, da in Berlin das Einschulungsalter wieder zurückgestuft wurde. Bisher durften Kinder schon mit fünfeinhalb Jahren eingeschult werden, das ist ab sofort nicht mehr möglich. Damit werden natürlich auch weniger Kindergärtenplätze frei. Schön. Zusätzlich herrscht ein akuter Erziehermangel. Frustriert von Berlin und seiner Inkompetenz, schoben wir das Thema erstmal vor uns her.

In Berlin mangelt es mittlerweile nicht nur an normalem Kaffee und Wohnungen, sondern auch an Krippenplätzen.

Im März beantragten wir einen KiTa-Gutschein und starteten eine Offensive. Bis spätabends erstellen wir eine feinsäuberliche Excel-Tabelle mit allen KiTas, Kinderläden und Tagesmüttern in unserem Umkreis. Und das sind in Berlin-Friedrichshain unglaublich viele. Am Ende waren es knapp 60 Einrichtungen, die auf unserer Liste standen. Jede einzelne wurde per Mail angeschrieben. Dabei habe ich, vom Berliner Wohnungsmarkt geprägt, nicht einfach eine starre E-Mail verfasst, sondern eine richtige Bewerbung mit nettem Text, Foto und einer Übersicht der relevanten Daten. Von den meisten kam innerhalb einer Woche gar nichts zurück. So langsam bekam ich den Eindruck, dass das schwieriger als gedacht werden könnte. In Berlin mangelt es mittlerweile nicht nur an normalem Kaffee und Wohnungen, sondern auch an Krippenplätzen. Na toll.

© Marie Brüsch

Warum muss in Berlin alles kompliziert sein?

Doch so leicht gab ich mich nicht geschlagen. Ich fing an, telefonisch nachzufragen. Von lautem Gelächter und groben Absagen über „hier geht gar nichts mehr“ und „sie sollten vielleicht selber eine Krippe gründen“ war alles dabei. Langsam kam ich mir verarscht vor. Auf diversen Kitaplatz-Börsen wurden nur Kinder ab Jahrgang 2013 oder älter gesucht oder es waren Plätze in Reinickendorf frei. Beides für mich nicht machbar. Dann erinnerte ich mich an den Spruch der Dame vom Jungendamt, die mir versicherte, dass man für jeden Kind einen Platz findet, man hat doch schließlich Anspruch darauf. Notfalls würden sie uns bei der Suche sogar unterstützen. Gerade, als ich mich nach den Hilfsangeboten des Jugendamtes erkundigen wollte, trudelte neben unserem KiTa-Gutschein auch diese Pressemitteilung ein: „Unterstützung bei Kitaplatzsuche durch Jugendamt momentan ohne Erfolg“. Ok, jetzt war ich wirklich gefrustet.

Von lautem Gelächter und groben Absagen über 'hier geht gar nichts mehr' und 'sie sollten vielleicht selber eine Krippe gründen' war alles dabei.

Ich weiß, dass ich mit einem Betreuungsbeginn ab Januar 2018 nicht in der Norm liege, aber werde ich jetzt bestraft, dass ich 2016 und dann auch noch im November, ein Kind bekommen habe? Oder dass ich dieses Kind nicht vor seinem ersten Geburtstag in die Krippe geben möchte? Oder dass ich nicht eine Bekannte habe, die in einer Krippe arbeitet? Warum räumt man Eltern das Recht auf einen Betreuungsplatz ein und schafft dann nicht genügend Plätze beziehungsweise achtet darauf, dass es genügend Erzieher gibt? Es kann doch nicht die Lösung sein, dass ich mir eine Rechtsschutzversicherung besorge und den Bezirk verklage.

Was nutzt das Recht auf einen Betreuungsplatz, wenn es keine Plätze gibt?

Klar, ich könnte mein Kind auch erst ab August 2018 in eine Krippe geben, aber meine Elternzeit endet im Februar und dann bekomme ich kein Elterngeld mehr. Da mein Freund und ich nicht verheiratet sind, müsste ich mich zudem ab diesem Zeitpunkt auch selbst versichern. Rein finanziell eine Katastrophe. Außerdem möchte ich, dass meine Tochter gleichaltrige Kinder kennenlernt und unter fachlicher Aufsicht richtig gefördert wird. Verdammt, ich und sie haben eine Recht darauf.

Werde ich jetzt bestraft, dass ich 2016 und dann auch noch im November ein Kind bekommen habe?

Bis jetzt haben wir noch keinen Platz und es ist schon August. Wir checken regelmäßig unsere Excel auf Aktualität und telefonieren die Liste ab. Immer in der Hoffnung, dass sich noch etwas ergibt. Aktuell sieht es nicht so aus und wir werden wohl erst ab August 2018 einen Platz bekommen. Letzte Woche habe ich zudem eine Schlagzeile gesehen: „Berliner Grundschulen überfüllt“. Vielleicht sollte ich mich jetzt schon für einen Grundschulplatz bewerben, fünfeinhalb Jahre Vorlaufzeit könnten selbst für Berliner Verhältnisse ausreichend sein.

Marie bloggt auch auf ilseundrosa.de über das Mamasein.

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