"Das Glück taucht in den kleinen Momenten auf" – Der Designer Stefan Sagmeister jagt das Glück im "The Happy Film"

© mindjazz pictures

Auch wenn die meisten von uns wahrscheinlich versuchen, sich von unerfüllbaren Neujahrsvorsätzen fernzuhalten wie der Teufel vom Weihwasser, würden wir wohl alle zu ein bisschen mehr Glück nicht nein sagen. Mit der Frage, ob man die Fähigkeit glücklich zu sein wie das Laufen für einen Marathon trainieren kann, hat sich der berühmte Designer Stefan Sagmeister in den letzten 6 Jahren beschäftigt. Im „The Happy Film“ zeigt er jetzt, dass die Glücksjagd nicht unbedingt einfach ist, aber im besten Fall lebensverändernd sein kann.

Angefangen hat Stefan Sagmeister mit seinem Projekt bei einem Sabbatical in Bali. Dort hat er beim Holzstuhlschnitzen gemerkt, dass das Herstellen von Möbeln vielleicht doch nicht die Erfüllung seines Lebens ist und er sich mehr mit seinem eigenen Glück beschäftigen möchte. Als einer der weltbesten Designer, der einen festen Platz im MoMA, auf Times-Square-Plakaten und in den Plattenregalen der Welt hat, beginnt diese Suche erstmal visuell mit dem Buch „Things I’ve learned in my life“, in dem er sich mit Dingen, die er in seinem Leben gelernt hat, typografisch auseinander gesetzt hat.

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Von diesem Projekt ausgehend hat er sich schließlich mit seinem Filmteam und Jonathan Haidt, einem Psychologen und Experten für Glücksforschung, entschieden, sein persönliches Glück im „The Happy Film“ durch drei mehrmonatige Experimente zu optimieren. Der erste Versuch gilt der Meditation, bei der es zu ein paar sehr esoterisch interessanten Kulturkonfrontationen kommt. Der zweite Versuch führt ihn in zur klassischen Psychotherapie, bei der Sagmeister zunächst an sich selbst arbeitet, bis es wirklich weh tut – bevor er dann versucht, sein Glück durch Drogen und Psychopharmaka zu optimieren und dabei auf grandiose Weise an sich selbst und der Selbstoptimierung scheitert.

Das Filmprojekt hat Stefan Sagmeister an manchen Stellen ironischerweise unglücklicher gemacht, als er jemals gedacht hätte. So verstarb sein Co-Regisseur Hillman Curtis während der Filmaufnahmen, was das Projekt kurzzeitig ins Wanken brachte. Wer von Stefan Sagmeister mit „The Happy Film“ also eine Glücksantwort auf dem Silbertablett erwartet, denkt wahrscheinlich auch, dass man vom Sportvideo gucken fit wird. Zur Sicherheit stellt Sagmeister seinem Film auch deshalb die direkte Aussage "Dieser Film wird sie nicht glücklicher machen" voraus. Die ultimative, schöne Erkenntnis: Das Glück kommt eher einer launischen Katze gleich, die dann kommt, wenn es ihr eben gerade passt und nicht, wenn man es unbedingt möchte.

Zum Filmstart haben wir uns mit Stefan Sagmeister darüber unterhalten, wie es war dieses Projekt zu machen, und was er beim Film über sich und das Glück gelernt hat.

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Wieso hast Du angefangen Dich mit dem Thema Glück zu befassen? Mein Freund George hat mir gesagt, dass ich in Bali mit dem Design von Möbeln Zeit verschwende und das ich eine Verpflichtung habe und was machen soll, dass auch für andere Menschen wertvoller ist. Darüber habe ich dann nachgedacht und beim Glücksthema haben mich dann mehrere Sachen interessiert. Die Idee, einen Film zu machen, war die, dass ich gezwungen bin, mich richtig mit der Thematik zu beschäftigen und am Ende gibt es vielleicht die Möglichkeit, das ich wirklich glücklicher rauskomme.

Am Anfang des Films sagst Du: „Dieser Film wird Sie nicht glücklicher machen“. Warum stellst Du das dem Film voraus?
Das ist zweischichtig gemeint. Aus Selbstinteresse, weil ich die Erwartungen niedrig halten möchte, und zum zweiten ist es ehrlich gemeint, weil ich glaube, dass ein Film oder ein Buch das Leben der Leute nicht verändern kann. Ein Film kann nur ein Anstoß sein, was zu machen. Vielleicht eine Therapie zu beginnen, meditieren zu lernen oder wenn es nötig ist, viele Drogen zu nehmen.

Es gibt im Film Szenen, in denen Du Dich Dir und anderen Menschen gegenüber nicht nett verhältst. Wie war es für Dich, das zu sehen?
Ich konnte mich in manchen Momenten auch nicht leiden. Und es ist ok, dass die Menschen mich zwischendurch nicht mögen. Das ging mir genauso. Ein Beispiel dafür ist die Szene, in der ich entscheiden muss, wie wir nach Hillmans Tod mit dem Film weitermachen. Das tat weh zu sehen, wie ich da reagiert habe. Mir war es wichtig, dass es ein ehrlicher Film wird, der persönlich ist und zwischendurch auch weh tut. Einer meiner Leitsprüche „Trying to look good limits my life“ aus dem „Things I’ve learned in my life“-Projekt ist dafür vielleicht eine gute Erklärung. Prinzipiell geht es mir natürlich immer darum, gut dazustehen, aber man kann das einfach nicht in jedem Moment leben, weil man nicht immer gute Dinge tut.

Hat sich Dein persönliches Glück durch den Film verändert?
Ja! Im Film habe ich das noch sehr vorsichtig formuliert, aber mittlerweile habe ich verstanden, dass das „Dazwischen“ wichtig ist für das Glück. Dass sich das Glück dort häufiger zeigt. Das Glück taucht, wenn man es zulässt, in den kleinen Momenten auf, das gilt für Beziehungen, aber auch für die Arbeit. Das habe ich mit Abstand in der Zwischenzeit auch wirklich noch mehr in den letzten 3 Monaten bei meinem aktuellen Sabbatical in Mexico City verstanden.

Und wie findet man jetzt das Glück am besten?
Wenn ich in den drei für mich wichtigen Bereichen – Arbeit, Beziehungen zu anderen Menschen und der Arbeit an etwas größerem als mir selbst – eine gute Grundlage schaffe, dann kommt das Glück – das „Wiener Vogerl“, wie man bei uns in Österreich so schön sagt – vielleicht häufiger vorbei und bleibt ab und zu auch etwas länger. Das mag vielleicht logisch und banal klingen, aber das war für mich eine wichtige Erkenntnis. Ich glaube, man muss versuchen, den banalen Dingen auf den Grund zu gehen. Eine banale Sache, wenn ich sie plötzlich richtig verstehe und durchdringe, kann total lebensverändernd sein.

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