Die wilden Auswüchse der Berliner Individualitätskultur

Jede Woche werden viele spannende Dinge im Netz veröffentlicht. Zu viele, um den Überblick zu behalten. Hier kuratieren wir eine kleine Auswahl von Netzperlen zu einem bestimmten Thema. Diese Woche: Berliner Phänomene.

Berlin, dein Gesicht hat 3,5 Millonen Sommersprossen. Jeder deiner Bewohner macht dich zu dem, was du bist. Dein Image ist immer wieder ein bisschen anders und ein bisschen neu, aber so im Großen und Ganzen sind wir uns doch darüber einig, dass du eine coole Sau bist. Ein bisschen überfordert, ein bisschen überfordernd, aber dadurch eben auch echt und nahbar. Und es gibt hier so einige Phänomene, die kann es nur in Berlin geben. Entweder sind sie örtlich konzentriert oder beziehen sich auf eine bestimmte Altergruppe, auf ein Lifestyle-Szene, auf ein gemeinsames Hobby oder Laster. Viele einzelne, schillernde Biotope. Zeit, mal einen Blick hineinzuwerfen zu den Verlorenen, den Perfekten und Unperfekten, den Heimatlosen, den Immer-am-Ball-Bleibenden. Hier sind 5 Blicke aus 5 Richtungen auf ein paar der Sommersprossen in Berlins Gesicht.

Diese wunderschönen Menschen von Berlin-Mitte, die alle aussehen wie ihr eigenes Instagram-Selfie, mit ihren reinen Häuten und diesen Haaren, die auf ihren Köpfen liegen wie anmutige Tiere. Haben sie sich zeit ihres Lebens nur von Sonnenstrahlen ernährt?

fragt ein überforderter Dirk Gieselmann im ZEITMagazin


Edition F: "Every Day I'm hustlin" – Der ultimative Guide, um in Berlin motiviert zu bleiben 

© Alberto Cabello/Flickr

Berlin ist nicht wie die anderen – das merkt jeder, der hier versucht, Fuß zu fassen, gerade in kreativen Berufen. Viele kommen her, um sich zu verlieren. Oder sich zu finden. Oder das eine durch das andere zu erreichen. Da kann es schwer werden, im Job am Ball zu bleiben, soziale Kontakte zu pflegen und gleichzeitig noch ein bisschen was von der Berliner Coolness im Leben zu integrieren. Die Kanadierin Charmaine Li hat in Berlin einen Neuanfang gewagt und redet Tacheles. Sehr gute, weil sehr wahre Tipps!


Mit Vergnügen: Berliner und ihre heimlichen Süchte

Laurie Saulnier. Gulity Pleasure: Eating children food. I feel guilty because I know it’s weird to do this at my age, at 23 years old.
© Odeta Catana

Guilty Pleasures, diese schuldigen Freuden, diese kleinen schamvollen Fluchten aus dem allzu Aufrechten, stabilen Korsett des Alltags. Jeder hat sie, niemand spricht darüber, das ist ein stilles Gesetz. Eigentlich. Wenn gerade in einer Stadt wie Berlin, wo quasi jeder noch so abgefahrene Fetisch sein eigenes Vereinsheim hat, Menschen die Decke der Heimlichkeit von ihren wohlgehüteten Geheimnis lüften, wird es spannend. Eine intime, kurze, kurzweilige Fotostrecke von Odeta Catana, die sofort die Frage aufwirft: Womit hätte ich mich fotografieren lassen?


ZEITMagazin: Von einem der auszog, in Mitte die Unsterblichkeit zu schmecken

Daluma, 40 Days, Nora Tabel
© Brae Talon

Wenn ihr an diesem Wochenende nur einen Artikel lest, lest diesen. Autor Dirk Gieselmann wagt sich in unbekannte Gefilde und befördert seinen durch Großmutters Erbsensuppe geformten Körper in einen kulinarischen Unsterblichkeitstempel in Mitte und isst ein entgiftendes Mahl gegen den körperlichen Verfall. Der Versuch einer Annäherung an eine faltenfreie, avocadogrüne Lifestyle-Szene, wie sie nur in Berlin-Mitte entstehen kann. Seine Beobachtungen sind "so Berlin", aber vor allem absolutely hilarious.


Nowness: Ein Song für alle, die gerne mal in Sportklamotten alles machen, außer Sport

Noch so ein Mitte-Phänomen: Ich beobachte immer häufiger Menschen, die in Sportklamotten ganz normale Alltagsdinge erledigen und die dabei der aktiv-dynamische Hauch von ultimativer Sportlichkeit und 48h-Deodorant umweht. Langsam beschleicht mich aber der Verdacht, dass nicht alle davon gerade vom Sport kommen oder gleich noch ins Gym traben, sondern nur so wirken wollen – vorgetäuschte Fitness als Lifestyle-Strategie. Genau dazu gibt es diesen leider fürchterlich eingängigen, etwas trashigen Song, den ich ab sofort in meinem Kopf abspiele, wenn neben mir im Café ein von Kopf bis Fuß in Funktionsmaterial gehüllter Berliner sitzt.


Mit Vergnügen: Ada Blitzkrieg erklärt, warum Berlin für sie vorallem eine Nichtheimat ist

Ada

Wir kennen Ada als roughes Girl, das unerschrocken (detox-untaugliche) superscharfe Chicken Wings testet und knallharte Kolumnen schreibt. In ihrem Text über ihre Wahlheimat Berlin, die sehr viel weniger Heimat ist, als das Wort vermuten lässt, erzählt sie vom ambivalenten Lebensgefühl, dass sie mit der Stadt verbindet – oder vielmehr davon trennt. Und wahrscheinlich spricht sie damit vielen jungen Menschen aus der Seele, die hier auf der Suche nach Verbundenheit sind und immer wieder an Menschen, ihren Stimmungen, Zuständen und Unüberwindbarkeiten scheitern. Traurig und schön, aber vor allem traurig. Und ein bisschen beruhigend.

 

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Titelbild: © Galya Feierman

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