Das White Trash hat Insolvenz angemeldet

Die Nachricht kam gestern sehr überraschend: Der Tagesspiegel berichtet, dass das White Trash Fast Food Insolvenz angemeldet hat. Inhaber Walter Potts selbst soll den Antrag eingereicht haben, weil er Schulden bei Getränkelieferanten, Banken und dem Hauseigentümer habe. Mit den Insolvenzgeldern kann er nun vorübergehend sein Personal bezahlen – immerhin rund 70 Mitarbeiter.

Überraschend ist das Ganze deshalb, weil der Laden eigentlich gut läuft. Nach dem Umzug vor zwei Jahren war das Berliner Publikum gefühlt noch skeptisch. Immerhin war der alte Standort in einem China-Restaurant auf der Schönhauser Allee legendär – und Schauplatz für so manche durchgefeierte Nächte zwischen Wahnsinn und Unendlichkeit. Dem neuen Standort am Flutgraben gegenüber dem Club der Visionäre fehlte es anfänglich ein bisschen an Charme, kann doch eine Industriehalle nicht mit dem hölzernen Kitsch-Interieur eines verwunschenen China-Restaurants mithalten. Aber Potts gab sich jede Menge Mühe, dem neuen White Trash Leben einzuhauchen, wozu nicht zuletzt der Zen-Biergarten beitrug.

Die Macher schrieben 2014:

Die Wahrheit ist, wir haben eine unglaublich schöne, neue Location gefunden mit einem Vermieter, der versteht, was wir machen wollen, wie wichtig es ist, eine Bühne zu schaffen für unbekannte Bands und junge Künstler. Vor allem aber hat er richtig Bock darauf, uns da zu haben.

Und trotz ausverkauften Abenden und einem immer wieder sehenswerten, verrückten, manchmal wahnsinnigen Programm und Spontangastauftritten von Pete Doherty jetzt also die Pleite. Wenig erstaunlich ist das wiederum aber nicht so ganz, denn die Gegend um das Schlesische Tor scheint zuweilen wie ausgestorben – gerade mal am Watergate bilden sich am Wochenende Schlangen; der Rest feiert woanders oder schlägt sich lieber bei unzähligen Food-Happenings den Bauch voll, um nach dem ersten Drink im Bett zu liegen.

Das Insolvenzverfahren beginnt nun im Juni. Allerdings bedeutet das nicht, dass der Laden in der Zwischenzeit schließt, sondern ganz im Gegenteil weiterläuft, um Geld in die Kassen zu bringen und im Bestfall durch Refinanzierung und Unternehmensneugründung wieder fit zu werden. Man muss bis dahin also keine Angst haben, dass eine der letzten wahrhaften Bastionen des gepflegten Rock'n'Roll in Berlin für immer verschwindet, sondern sollte vielmehr beim Überleben helfen.


Titelfoto: © Jolanda Roskosch

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