Auf dem Gelände des ehemaligen Tacheles wird jetzt gebaut

"Berlin verkauft Berlin oder anders: Berlin verkauft die Marke ‘Berlin’", schrieb Matze hier mal. East Side Gallery, Spreepark, Tacheles u. s. w. Entweder verkauft oder in der Gleichgültigkeit der Berliner Bürokratie verschwunden. Immerhin kümmert sich der Senat seit 2016 um eine Marke, nämlich den Spreepark (wir berichteten); die East Side Gallery marodiert aber als Touristenattraktion und Wohlstandssiedlung weiter vor sich hin, ein trauriges Häufchen Beton vor trüber Spree- und Mercedes-Benz-Kulisse.

Und auch eine der letzten kulturellen Überbleibsel der 90er Jahre, als Ost-Berlins Leerstandsgebäude plötzlich attraktiv für die hiesige Künstlerszene wurden, das Tacheles, war einmal. Denn ab diesem Jahr wird hier endgültig abgerissen und neugebaut.

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Das Tacheles war im Laufe seiner Geschichte schon vieles: Einkaufspassage Anfang des 20. Jahrhunderts, Haus der Technik in den 1920ern, Bürogebäude für das Zentralbodenamt der SS in den 1930ern; in der DDR waren hier eine Artistenschule, ein Kino und die Tresorräume der Nationalen Volksarmee untergebracht. In den 1980er Jahren wurde das Gebäude dann teilabgerissen, bis es Anfang der 90er von der Künstlerinitiative Tacheles e.V. übernommen und zum kulturellen Zentrum auf der Oranienburger Straße wurde – und maßgeblich die spannende Szene hier mitprägte. 2012 wurde das Gebäude vorerst endgültig geschlossen, seitdem verwittert das Gelände vor sich hin und zeugt mit seine bunten Graffitis auf grauer Matschfassade von einer aufregenderen Zeit.

Bereits 2014 verkaufte der damalige Inhaber das Gelände an die New Yorker Vermögensverwaltung Perella Weinberg. Deren Tochterfirma pwr development Berlin ist nun für die Planung und Umsetzung der Bauvorhaben auf dem Gelände zuständig. Zwar stehen die noch am Anfang und der Bau soll auch erst 2020 final abgeschlossen sein, aber Entwürfe und Ideen gibt es freilich schon.

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Wie sollte es anders sein, werden – laut einem Bericht des rbb – auf die Hälfte der Fläche Büros und Restaurants einziehen, 38 Prozent stehen für Wohnraum zur Verfügung (450 – überwiegend – Eigentumswohnungen). Bereits bestehende Gebäude – auch das ehemalige Tacheles – werden saniert. Dieses soll wohl im Übrigen wieder für Kunst und Kultur genutzt werden, wie und in welchem Umfang, das ist auch noch offen. Alles in allem: eine herzlose Neubauhölle zwischen Kitsch und Kommerz, wie wir sie schon fast überall in Berlin vorfinden. Berlin verkauft Berlin.

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Titelfoto: © Dan Ming/flickrCC, Tacheles 1995: via blog.inberlin.de, Occupy Berlin: © Andrea Linn, Treppenhaus: © Luciano Mortula/Shutterstoc, Modell: © pwr Development Berlin, Gitter: © andersphoto/Shutterstock

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