Zwischen Smoothie und Piroggen – Am Wochenende findet wieder der vegane "The Green Market Berlin" statt

Über fehlende Streetfood-Kultur in Berlin können wir uns nicht beklagen. Die kleinen Trucks und Stände versammeln sich regelmäßig an den unterschiedlichsten Orten. Von der Markthalle 9, dem Bite Club oder bis vor Kurzem beim Village Markt in der Neuen Heimat. Dass da jemand auf die Idee kommt, einen rein veganen Markt ins Leben zu rufen, war ja eigentlich nur eine Frage der Zeit. Auftritt: The Green Market. Wir haben uns mit Gründerin Stefanie Witt getroffen, um mal zu fragen, was und wie sie das eigentlich macht.

So sitzen wir vor "The Juicery" auf der Eberswalder Straße. Hier gibt es Saft. Nur Saft. Holzregale voller frischem Gemüse, die in einen Mixer geschmissen werden und als farbige Masse wieder rausprudeln. Man könnte das vielleicht ein bisschen seltsam finden, aber Mist, die Dinger schmecken köstlich. Stefanie kennt natürlich Inhaber Seydi. Ein High Five zur Begrüßung, ein "Bis später. Ich melde mich bei dir!" zur Verabschiedung. Man kennt sich, denn The Juicery ist einer von vielen Händlern, die Stefanie auf ihrem Green Market regelmäßig präsentiert.

Stefanie, erstmal die klassische Frage, die man immer als Veganer gestellt bekommt: Wie und wann kam's denn bei dir dazu?
Ich habe zehn Jahre lang an Epilepsie gelitten. Jeden Morgen und jeden Abend musste ich Medikamente nehmen, war sehr müde und träge und hatte Konzentrationsschwierigkeiten. Dann hat mir mein Freund, der schon lang vegan lebt, erzählt, dass die Epilepsie besser werden könnte, wenn ich mich gesund, vegan ernähre. Das hab ich ihm erstmal nicht geglaubt und mich belesen. "The China Study" ist beispielsweise eine große Studie, die den Einfluss von tierischer Ernährung auf die Gesundheit untersucht. Nach sechs Monaten veganer Ernährung habe ich Stück für Stück meine Medikamenten-Dosis verringert. Und es ist keine Epilepsie zurückgekommen. Ich lebe jetzt seit einem Jahr ohne die Krankheit.

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Den Green Market gibt's ja seit Ende 2014. Es ging also direkt: Zack, und jetzt mach ich gleich mal einen veganen Markt auf, oder wie? 
Ich arbeite als Veranstaltungskauffrau und habe mich damals einfach gewundert, warum es bei den vielen Weihnachtsmärkten in Berlin noch keinen veganen Markt gab. Also habe ich das Ganze selbst in die Hand genommen, viel investiert, organisiert und den ersten Markt fast alleine auf die Beine gestellt. Wir haben mit 20 Anbietern begonnen und wachsen seitdem Stück für Stück. Für den ersten Markt haben wir mit 400 Leuten gerechnet, es kamen 2700. Viel zu viel. Wir waren komplett überfordert, haben auch viele Fehler gemacht. Aber wir haben die Kritik ernst genommen und uns verbessert.

Was ist das prinzipielle Konzept des Marktes, abgesehen davon, dass er rein vegan ist?
Wir wollen zu jeder Saison präsentieren, wie man sich mit frischen, regionalen Angeboten gesund und nachhaltig ernähren kann. Ich war letztens auf dem Sommerfest am Alexanderplatz, aber da gibt es fast nur Fast Food – hier ein Döner, da ein Hamburger. Und immer zwischendrin Infostände, das ist einfach kein angenehmes Ambiente. Bis auf das peta2-Street-Team und Lucky Vegan haben wir keine Aktivisten dabei, wir wollen die Leute nicht missionieren. Zu uns kommen auch viele Nichtveganer, die trinken einen Kaffee mit Sojamilch und merken gar nicht, dass alles vegan ist. Bei uns ist für jede Generation was dabei, Kinder bis 12 Jahre bezahlen keinen Eintritt und können in der Spielecke herumtoben. Da passt dann jemand auf, während die Eltern entspannt über den Markt gehen.

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Gibt es mittlerweile ein großes Team hinter dem Green Market oder machst du das alles ganz allein?
Ich mach das sozusagen allein mit Freunden, jeder hilft mit, wie er kann. Von der Recherche über die Werbung bis zur Organisation. Seit diesem Jahr kümmere ich mich auch um die Gastronomie, also um die Getränke beim Green Market. Oft wird gesagt, vegan ist teuer, aber das muss nicht sein. Natürlich ist vegan gerade im Trend, da springen Leute auf den Zug und machen viele Sachen teuer. Aber bei uns kann jeder über den Markt schlendern und sich an zwei, drei  Ständen vollfuttern. Ich bin meistens 48 Stunden da und schlafe eigentlich so gut wie gar nicht. Letztes Mal sind fünf Leute kurzfristig abgesprungen, da hab ich am Ende bis um 5 Uhr die Getränkekarten geschrieben. Ich bin aber auch perfektionistisch veranlagt und mach Dinge gern selber. Dann siehst du mich schrauben, malen und lackieren, bis wir die Türen öffnen.

Wie kann man sich dann deine Arbeit vorstellen? Suchst du selbst die Stände aus oder melden die sich mittlerweile von allein bei dir?
Jedes Wochenende gehe ich auf Marktsuche und wenn ein neues Geschäft aufmacht, gucke ich mir das an. Wenn es zu unserem Markt passt, frage ich, ob sie bei uns mitmachen wollen. Aber täglich bekommen wir auch 10 bis 15 Bewerbungen. Wir wollen nachhaltige, kleine Geschäfte unterstützen und keine großen Firmen, die die Manpower haben und diesen Support gar nicht brauchen. Das Produkt muss gut sein, deshalb testen wir auch alles selbst vorher. Bei Brammibal's Donuts habe ich die Donuts gekostet. Die waren so lecker, die mussten unbedingt beim Markt mitmachen. Man merkt einfach, viele Leute machen was, haben eine gute Idee, bekommen es aber nicht zu Ende. Also versuche ich zu helfen, wo ich kann, mache Fotos und Videos, die sie für sich nutzen können. Dadurch baut man eine Verbindung zu jedem Anbieter auf.

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Vom 10. bis 11. Oktober findet ja die Herbst-Edition statt. Was wird's da geben?
Im Herbst wird viel mit Kürbis gearbeitet, wir buchen wieder eine Liveband und arbeiten mit der veganen Köchin Sophia Hoffmann zusammen, die wieder einen Workshop anbietet. Wir haben immer circa 15 vis 20 Anbieter und dann gucke ich, dass so 10 bis 12 neue Anbieter dabei sind. Darunter sind auch Fashion-Stores und Kosmetikhändler, aber in der Branche geht alles noch recht langsam, daher gibt es wieder viele Essensstände. Wir haben Flammkuchen dabei und auch Biopilze aus der Uckermark. Sie machen Pesto, Suppe und Ragout daraus und verkaufen die Pilze auch frisch.

Wie wird's denn weitergehen mit dem Markt? Ist das nicht auch für andere Städte total interessant?
Weihnachten wird ein großes Highlight, da feiern wir auch ein Jahr Geburtstag und wollen nochmal größer werden. 50 Anbieter sind mein Ziel. Es soll eine tolle, neue Location geben. Gerade sind wir in Verhandlung und ich hoffe, das klappt alles. Für andere Städte hatte ich München und Stuttgart direkt im Kopf und die haben auch angefragt. Aber das ist eine riesen Recherchearbeit: Du musst vor Ort sein, die Aussteller treffen, die Produkte testen. Das braucht viel Zeit und ein großes Team. Der nächste Wunsch ist daher erstmal, nächstes oder übernächstes Jahr eine feste Location in Berlin zu finden, das ist mein Traum.

The Green Market Berlin – Fall Edition 2015 | 10.–11. Oktober 2015 | Arena Berlin | Täglich von 12–20 Uhr | Eintritt: 2 Euro | Alle Teilnehmer und Anbieter findet ihr auf greenmarketberlin.com


Titelfoto: Milena Zwerenz
Fotos im Beitrag: The Green Market Berlin

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