Schließt die Neue Heimat am Freitag?

© Julia Justus

Rückblickend liest es sich wie eine sich selbst offenbarende Prophezeiung. Erst im Juni erzählte uns Sebastian Baier, Betreiber der Neuen Heimat, von der anonymen Anzeige gegen den Club auf dem Ostteil des RAW-Geländes – die wohl von einem Konkurrenten auf dem RAW kam – und die Bemühungen, alle Mängel am bestehenden Gebäude zu beseitigen. "Das Bauamt stand vor der Tür. Wir haben uns, bevor wir hier angefangen haben, mit dem Baustadtrat Hans Panhoff hingesetzt und ihm erzählt, was wir hier machen wollen (...). Einige Teile des Geländes sind aktuell weit von einer offiziell genehmigten Versammlungsstätte entfernt, die wir natürlich werden wollen. Als das Bauamt im Dezember kam, haben wir eine riesige Mängelliste bekommen, die wir nun abarbeiten müssen, um den Bauantrag final genehmigt zu bekommen."

Ein illoyaler Baustadtrat und bittere Ironie des Schicksals

Der Neuen Heimat wurde zunächst eine Frist bis August gesetzt, ein Brandschutz-Experte befand später, dass diese bis November verlängert werden könnte. Hans Panhoff erwies sich nun aber nicht als loyaler Gesprächspartner, denn wie die B.Z. berichtet, wollen Mitarbeiter des grünen Baustadtsrats die Halle schließen und grundsätzlich keine Baugenehmigung erteilen. Bittere Ironie des Schicksals: Der Neuen Heimat droht damit das gleiche Schicksal wie dem Stattbad, das im Mai schließen musste und mit seinem musikalischen Programm in die Neue Heimat zog.

NeueHeimat_40days_Leif.Osthoff_09 NeueHeimat_40days_Leif.Osthoff_08© Leif Osthoff

Man kann das nur als generelles Unverständnis der Berliner Musik- und Partyszene verstehen, denn die Schließung wird unter anderem auch damit begründet, dass sich die Halle 13 als "Vergnügungsstätte" nicht in die Umgebung einfüge. Auf dem RAW-Gelände befinden sich mit dem Astra, Urban Spree, Cassiopeia und Suicide Circus bereits Clubs, Kunsträume und Sportstätten. Inwiefern die Neue Heimat dort nicht hin passt, ist also fragwürdig.

An der Neuen Heimat soll ein Exempel statuiert werden

"Das Ordnungsamt geht gerade mit einer Sense durch Friedrichshain. Ich glaube, dass dieses Technoveranstaltungsuniversum, wie das der Bar25, so neu war damals, dass sie nicht begriffen haben, was da vor sich ging. Jetzt werden Bücher darüber geschrieben. Diese Art Kulturbetrieb ist so bekannt, dass die Behörden sich das gar nicht mehr erlauben können darüber hinwegzusehen.", sagt Sebastian Baier in unserem Interview. An der Neuen Heimat solle nun ein Exempel statuiert werden.

morninggloryville_milenazwerenz-1-von-1eislaufen neue heimat© Milena Zwerenz

Die Grünen, die sich sonst immer offen für die kulturelle Vielfalt und Erhaltung in Friedrichshain eingesetzt haben, schaufeln sich damit ihr eigenes Grab. Immerhin: Kritik an dem Vorgehen kommt von SPD-Abgeordneten Sven Heinemann. Keiner wolle eine geschlossenes RAW-Gelände. "Vielmehr müssen die Probleme nacheinander angepackt und gelöst werden. Dazu ist die Grüne Bezirksspitze derzeit offenbar unfähig.“, sagte er der B.Z.

Heute Nachmittag findet ein Treffen der Neuen Heimat mit den politischen Entscheidungsträgern statt, bei dem die Zukunft des Clubs besprochen werden soll. Wir halten euch auf dem Laufenden.


Update 09.09.2015: Wie die B.Z. berichtet, bekommt die Neue Heimat eine Schonfrist bis November."Bedingung sei allerdings die Erfüllung aller Brandschutzvorkehrungen, sagte der Sprecher des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Sascha Langenbach". Wenn die Sicherheitsauflagen nicht eingehalten oder Veranstaltungen im Außenbereich stattfinden, erlische die Duldung sofort.


Titelfoto: © Julia Justus

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