"In den Clubs tut sich nicht viel Neues, in der Food-Szene schon" – Interview mit Michael Hetzinger von der Berlin Food Week

Ende September bedeutet Herbst. Ende September bedeutet seit letztem Jahr aber auch: Zeit für die Berlin Food Week. Nächste Woche könnt ihr Berlins Foodszene wieder mit all ihren Facetten kennenlernen, wenn gekocht, gegessen und getestet wird. Michael Hetzinger liebt gutes Essen, ist Bäckersohn und kümmert sich um die Pressearbeit der Berlin Food Week. Wir haben uns mit ihm darüber unterhalten, warum die Berliner so gern darüber sprechen, wo sie zuletzt essen waren, was die Berliner Köche (gefühlt) vom Rest der Welt unterscheidet und wo es in der Stadt besonders gut schmeckt. Lecker.

Ihr steckt gerade mitten in den Vorbereitungen für die Berlin Food Week. Hast du trotzdem noch Zeit, Essen zu gehen?
Ich will nicht jammern, aber ich komme im Moment kaum zum Essen. Ich frühstücke oft nicht mal, sondern esse erst zu Abend. Das Adrenalin pumpt den ganzen Tag durch meinen Körper und ich merke gar nicht, dass ich Hunger habe.

Wo warst du zuletzt essen?
Letztens hatte ich Freunde zu Besuch, da haben wir uns richtig Zeit zum Essen gehen genommen und waren unter anderem im Spindler. Das fand' ich total lecker dort.

Ihr seid letztes Jahr mit der Berlin Food Week gestartet. Warum wart ihr euch sicher, dass das Konzept funktioniert?
Na ja, sicher waren wir uns nie, dass das funktioniert. Sicher sind wir uns auch dieses Jahr nicht. Dieses Jahr wird alles noch viel größer. Aber ja, damals, als Alex und Sandro (Anm. d. Red.: Alexander van Hessen und Sandro von Czapiewski) mit dem Konzept für die Food Week zu mir kamen, war ich davon sofort begeistert. Es trifft einfach den Zeitgeist.

Man hat das Gefühl, euch gäbe es schon ewig. "Berlin Food Week" klingt wie ein schon lang existierender Begriff.
Ja, das bekomme ich auch häufig zu hören. Wenn ich manchen Leuten näherbringen will, dass bald wieder Food Week ist, sagen die nur: "Aber das weiß doch schon jeder."

Wie bist du eigentlich in der Foodbranche gelandet?
Das wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Mein Vater ist Bäcker, mein Stiefvater Gastronome. So bin ich als Teenager zwischen Bäckereitheke und Restaurant gependelt. Meine Eltern sind mit uns früher auch immer gern gut Essen gegangen, darauf haben sie viel Wert gelegt. Deshalb gehe ich auch heute noch gern essen und probiere neue Restaurants aus. Meine Liste bei Wunderlist ist ewig lang.

Allgemein scheint Essen immer mehr zum Thema zu werden. Man spricht eher über den großartigen Burger, den man gegessen hat, und nicht mehr unbedingt über die Band, auf dessen Konzert man war.
Hm, ich bin mir nicht sicher, ob wir da in Berlin nicht in einer Art Blase leben. Man kann auf jeden Fall sagen, dass sich in Berlin in den letzten Jahren extrem viel getan hat, unglaublich viele neue Restaurants eröffnet habe, eine sehr internationale Küche nach Berlin gekommen ist. Ständig kommt ein neues Restaurant dazu, außerdem gibt es Pop-Up-Dinner und Street Food. In den Clubs tut sich nicht viel Neues, in der Food Szene schon.

Apropos Street Food: In Düsseldorf haben sich einige Restaurants darüber aufgeregt, dass Street-Food-Märkte ihre Umsätze schmälern würden. Hast du etwas ähnliches in Berlin mitbekommen?
Street-Food-Stände sind eine tolle, spannende Sache. Die Gastronomie profitiert davon, weil durch sie viele neue Ideen entstehen und viel Kreativität freigesetzt wird. Es gibt aber sicher ein paar Gastronomen, die Street Food auch kritisch sehen. Weniger, weil Food-Trucks als Konkurrenz betrachtet werden, denn die Nachfrage insgesamt wächst. Konkurrenz gibt es zwischen den Berliner Köchen sowieso so gut wie gar nicht, das ist sehr angenehm und auch ungewöhnlich. Aber Street-Food-Macher benötigen viel weniger Personal, beuten sich teilweise vielleicht auch selbst aus und können dadurch Preise anbieten, bei denen Gastronomen, die monatliche Fixkosten wie Miete, Personal etc. zu tragen haben, nicht mithalten können.

Mein Kollege Matze war vor Kurzem in London. Dort ist Street Food angeblich schon wieder durch, weil die Leute gemerkt haben, dass ein Abend im Restaurant doch ganz schön ist. Was meinst du, was kommt in Berlin als Nächstes?
Gute Frage. Ich glaube auch nicht, dass in Berlin noch mehr Street Food dazukommt, im Rest von Deutschland fängt es hingegen gerade erst an. Aber die jetzt bestehenden Food-Trucks werden sich, wenn sie es nicht schon längst haben, ganz natürlich etablieren und fester Bestandteil der Food-Szene werden.

Die Berliner Küche steht ursprünglich eher für Kasseler und Eisbein. Was gehört zur Neuen Berliner Küche dazu?
Es gibt einige Köche und Restaurants, die die klassische Berliner Küche neu und modern interpretieren, wie beispielsweise Matthias Gleiß vom Volt, Marcus Zimmer im Restaurant am Steinplatz oder Markus Herbicht. Ob es aber die „Neue Berliner Küche“ mit einem Alleinstellungsmerkmal vergleichbar mit dem, was die nordische Küche in den letzten Jahren geschafft hat, gibt, da bin ich mir nicht sicher. In Berlin tut sich sehr viel, es gibt auch viele alternative Restaurants, Richtung raw, vegetarisch und Paleo. Regionalität spielt auch eine immer größere Rolle. Das Entwicklung hängt auch ein bisschen mit der Historie Berlins zusammen.

Wie meinst du das?
Damals, als Berlin noch geteilt war, hatte Westberlin ja kein Umland, wo mal eben Obst, Gemüse und Co. angebaut werden konnten. Das macht sich jetzt noch bemerkbar. In Paris etwa ist das schon immer Gang und Gebe. Die Nachfrage nach regionalen Produkten ist in Berlin da, aber das Angebot noch nicht groß genug. Was man also vielleicht als Neue Berliner Küche bezeichnen könnte, sind klassisch deutsche Gerichte mit asiatischen oder mediterranen Einflüssen, wie sie etwa das Martha's in Schöneberg serviert.

Essen im Martha's

Kurz und knapp: Wo gehst du essen, wenn deine Eltern zu Besuch kommen?
Da darf es gern ein bisschen schicker sein. Facil oder Martha's in Schöneberg oder Herz & Niere in Kreuzberg. Da gibt's übrigens auch Vegetarisches.

In welcher Bar gibt es den besten Gin Tonic?
Amano Bar in Mitte. Auch, wenn Hotelbars manchmal komisch sein können, hier schmeckt der Gin Tonic super.

Welchen Berliner Koch sollte man kennen?
Standardantwort, aber Tim Raue ist immer eine Nummer.

Was sollten wir auf der Berlin Food Week nicht verpassen?
Das House of Food im Kraftwerk (2. bis 4.10.)! Dort zeigen wir die ganze Vielfalt der Berliner Food-Szene unter einem Dach: es gibt Foodstände mit leckeren Gerichten von Newcomern und bekannten Restaurants, den "Späti Deluxe", wo sich 40 Manufakturen und Food-StartUps präsentieren, man testen und kaufen kann und vieles mehr!

Vielen Dank, Michael. Wir freuen uns schon auf die Berlin Food Week, die die komplette nächste Woche, zum größten Teil im Kraftwerk, stattfindet. Alle Infos dazu findet ihr hier.


Wir sind offizieller Kooperationspartner der Berlin Food Week.
Fotos: Milena Zwerenz

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