Besuch auf dem BER-Geisterflughafen

Im Süden von Berlin liegt ein Flughafen, der nicht nur den Berlinern ein Begriff ist, sondern wohl auch mittlerweile international zu leidlichem Ruhm gelang. In Schönefeld befindet sich der Flughafen Berlin-Brandenburg International auf einem riesigen Gelände von 1.470 Hektar, was 2.000 Fußballfeldern entspricht.

Trotz dieser Größe sieht man das Gelände vom noch bestehenden Flughafen Schönefeld aus nicht. Landebahnen und ein bisschen Wald versperren den Blick. Erst, wenn man eine redundante Straße direkt neben der Bundesstraße 96a und der Autobahn A113 nimmt und circa 5 bis 10 Minuten fährt, tauchen auf einmal auf weitem Brandenburger Land mehrere Häuschen, drei Parkhäuser und erst viel später das Flughafengebäude auf, dahinter die Landebahnen. Dieses Gelände – man kann nicht anders, als PR-Sprache zu bemühen – ist wirklich imposant und passt sich mit der modernen Architektur elegant in die Landschaft.

Was sollte man auch sonst mit dieser Geisterstadt tun, auf der schon 1.000 Menschen arbeiten

Was bestimmt an dem sonnigen Spätsommertag liegt und noch wahrscheinlicher daran, dass sich außer uns niemand auf diesem 2.000 Fußballfelder großen Gelände befindet. Jetzt ein Skateboard oder Rollerblades dabei – das wär’s. Oder ein Radrennen auf der 4 Kilometer langen südlichen Landebahnen. Das veranstaltete der Betreiber übrigens dieses Jahr schon, genauso wie ein Konzert vor der Eingangshalle des Terminals. Was sollte man auch sonst mit dieser Geisterstadt tun, auf der schon 1.000 Menschen arbeiten – Sicherheits- und Reinigungspersonal, die Bundespolizei, eine Feuerwache, Sanitäter, Bodenverkehrsdienste und natürlich das PR-Personal.

Über den Flughafen BER zerreißen sich Medien wie Bürger seit Jahren das Maul. Zurecht, lief doch bei Planung, Finanzierung und Bau des Flughafens alles schief, was hätte schief laufen können: absackende Rollbahnen, zu kurze Rolltreppen, kaputte Lichtanlagen, 3,4 Milliarden zusätzliche Kosten und ein Starttermin, der seit 2010 immer wieder verschoben wird. Vielleicht eröffnet der BER 2016, aber wer weiß das schon so genau. Heute tagt wieder der Aufsichtsrat und wird auch über den Weiterbetrieb des Flughafens Tegel debattieren.

Man kommt nicht umhin, sich vorzustellen, wie das alles langsam verrottet: die 10.000 Parkplätze, 25 Fluggastbrücken, das riesige, aus Glas und Holz gearbeitete Terminal mit sechs Ebenen, 118 Check-in-Schalter und einem unterirdischen, sechsgleisigen Bahnhof, der Schönefeld mit der Berliner Innenstadt verbindet, all die Technik, die bereit ist, genutzt zu werden – und wahrscheinlich zur Eröffnung des BER komplett veraltet ist.

Ein vor sich hin rottender Flughafen ohne Eröffnungstermin

Auf den Touren, die der BER jetzt anbietet, können die Bürger nun also sehen, wofür ihre Steuergelder ausgegeben wurden – denn es sind eigentlich nur ältere Berliner, die die Tour mit uns machen, vielleicht auch solche, die aus den angrenzenden Dörfern zu Beginn des Baustarts vertrieben wurden.

So stehen die Besucher in 32 Meter Höhe auf dem Flughafen-Aussichtspunkt und starren Richtung Berlin und über das Gelände. In den Parkhäusern brennt am hellichten Tage Licht; ein Flugzeug landet in Schönefeld, aber mehr ist nicht los. Dabei soll es hier sogar schon Motorrad-Unfälle gegeben haben, weil man auch ohne Bustour auf das Gelände fahren kann – man muss eben nur die Strecke kennen. Für die Sanitäter gibt es also wirklich was zu tun.

Auch solche Trivialitäten werden von der bemüht freundlichen Leiterin vorgetragen. Wir erfahren, wer hier schon arbeitet, welche Funktionen die Gebäude erfüllen, aus welchen Materialien das Terminal gebaut wurde, wie die Baumalleen vor dem Terminal sich in die Brandenburger Landschaft einpassen, dass wir hier die einmalige Chance hätten, auf der 4 Kilometer langen Landebahn Flughafenluft zu schnuppern. Das ist alles wirklich interessant und wir fühlen uns auch ein bisschen privilegiert – doch am Ende zählt doch nur dieser eine Satz: "Wir können leider auch nicht sagen, wann der Flughafen eröffnet."

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Touren über den Flughafen können auf der Website des BERs  gebucht werden. Der Eintritt kostet 10 Euro, ermäßigt 5 Euro.

Fotos: © Milena Zwerenz
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