Manchmal erinnert mich Instagram an ihn

© Julius Kraft

Schon bei unserem ersten Aufeinandertreffen war es mir bewusst. Er war groß und gutaussehend. Mit dunklem Bart und vertrauensvollen Kastanienaugen. Ein Abbild von dem, was ich ganz naiv meinen Traummann nenne. Dass so etwas nur in romantischen Komödien mit Kate Hudson gut endet, wusste mein Kopf bereits. Doch auf den wollte ich nicht hören.

Wir lernten uns als Praktikanten kennen, tranken nach der Arbeit gemeinsam Bier und redeten über unseren Traum vom Filmemachen. Wir sind perfekt füreinander, dachte mein Herz, welches sich so gerne verliebt wie Taylor Swift in ihren Songs. Sein Herz aber liebte eine andere.

Normalerweise weiß ich fehlgeleitete Gefühle abzustellen und halte genug von mir, mich nicht in jemanden zu verlieben, der mich nie zurücklieben wird. Nur mit ihm war es anders. Mit ihm landete ich nach einer durchzechten Nacht dennoch im Bett. Rein platonisch. Wir standen zusammen auf und ich machte uns Kaffee. Wir schauten uns Internetvideos an und redeten über unsere Lieblingsregisseure. Und während er mich für meine Freundschaft schätzte, schlief ich die nächsten Tage auf meiner Couch. Weit weg von dem Ort, an dem nichts passierte außer träumen.

Plötzlich sind wir die Nebenfiguren in der romantischen Komödie mit Kate Hudson

Gerne würde ich sagen, dass ich schlau war und ihn nicht mehr zum Bier getroffen habe. Dass ich stark war und ihn nicht mehr bei mir übernachten lies. Und ich gesund war und ihm nicht noch behilflich, wenn es um das Nachgehen seiner Liebe ging. All das war ich nicht. Dafür war seine Anziehungskraft zu groß und dafür schätzte auch ich ihn zu sehr für seine Freundschaft. Für seine Intelligenz und Wärme. So jemanden brauchte mein Leben zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens. Und selbst später, als ich mich zurück ins Datingleben schmiss, fiel es mir oft schwer, nicht an seine Kastanienaugen zu denken. Und an das "Was wäre wenn".

In meinem Freundeskreis gibt es einige ungesunde platonische Beziehungen. Manchmal entstehen sie ganz ungewollt durch Studium oder Arbeit. Und manchmal schwören wir sie ganz freiwillig herauf. Durch den eigenen Druck auf den Selbstzerstörungsknopf. Einmal gedrückt, sind wir beste Freunde, Mitbewohner und Liebesberater. Plötzlich sind wir die Nebenfiguren in der romantischen Komödie mit Kate Hudson. Der lustige Buddy, der den Protagonisten einige Szenen stibitzt und dennoch kein Happy End findet. Darauf hatte ich irgendwann keine Lust mehr.

Als mein fehlbesetzter Hauptdarsteller eines Abends im Prince Charles mit seiner Liebe knutschte, während ich an der Bar Jägermeister trank, war mein Moment gekommen und ich sprach mich mit ihm aus. Ich erzählte ihm, wie schwierig unsere Beziehung für mich war und fragte ihn, ob er das nicht gemerkt hätte. Er war ehrlich überrascht und entschuldigte sich förmlich. Wir blieben in Kontakt.

Heute schlafe ich nicht mehr auf der Couch und er und ich sind immer noch befreundet. Nur manchmal, wenn ich Bilder von ihm und seiner Freundin auf Instagram sehe, dann denke ich an diese Zeit zurück.


Titelfoto: Julius Kraft
Zurück zur Startseite