Freitag, 09.05. XJAZZ Festival mit Schwarzmann – Bi Nuu

Jazz ist ein schwieriges Thema, wenn man heute anfängt, sich dafür zu interessieren. Schon auf die erste Frage gibt es keine direkte Antwort, nur viele Möglichkeiten: Wo fängt man an? Bei den staubigen Platten in Opas Keller? In der Bibliothek, wo die Bücher dazu eng aneinandergereiht stehen oder in der Musikabteilung vom Kulturkaufhaus Dussmann mit der Klassiker-Compilation für 120 Euro? Alles nicht so einfach. Dem Jazz haftet irgendetwas an, dass für ein gewisses, ehrfürchtiges Unverständnis sorgt. Bis jetzt. Denn mit dem XJAZZ hat Berlin nun ein neues Festival, das diesen Zustand ändert und ohne zu viel Ehrfurcht zu sagen scheint: Jazz ist für alle da!

Das XJAZZ Festival bringt die Urmusik direkt und in intensivster Form live auf die Kreuzberger Szenebühnen. Vom Monarch bis zum Schlesischen Tor wird diese Wochenende geklimpert und gezupft, rumgefrickelt und gebreakt. Und zwar so lange, bis alle verstanden haben, dass Jazz genauso allgegenwärtig ist wie in den 60er Jahren. Ganz zeitgenössisch existieren im Lineup keine festen Genregrenzen und von ganz leise bis enorm laut ist alles dabei. Denn auch Jazz hat heute viele Gesichter. Man kann sich also einfach in die Materie stürzen und alles ganz entspannt auf sich wirken lassen.

Mit Daniel W. Best haben wir uns über die Musik, Berlin und alte Jazzkeller unterhalten. Daniel ist bei der Festivalorganisation von Anfang an dabei und kümmert sich vor allem um den Bereich "Electronic and Improvisation".

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Hallo Daniel. Was war deine erste Platte und wie bist du "dem Jazz" begegnet?
Das war in der Plattensammlung meiner Eltern,  ich war erst 13 oder 14 Jahre alt. Eine Schallplatte vom Smithsonian Museum in Washington D.C. mit Jazzmusik von Ragtime und Swing bis zu Bebop. Besonders hat mir damals damals Charlie Parker gefallen. Später fing ich an alle Arten von "Jazzmusik" in Form von Schallplatten zu kaufen und Konzerte zu besuchen, zum Beispiel von Dizzy Gillespie, The Lounge Lizards, The Meters, Gilbert Gil und vielen anderen.

Klischee hin oder her: Gibt es den verrauchten Jazzkeller noch?
Ich denke ja und das hat auf jeden Fall seine Berechtigung. Leider sterben diese Plätze aus.

Zuletzt haben Nils Frahm oder Max Richter  klassische Musik mit einem gewissen Zeitgeist versehen, und in Konzerthäusern spielen auf einmal The Notwist oder Nicolas Jaar. Ist der nächste Schritt jetzt ein Jazz-Festival in der Berliner Clublandschaft oder war das sowieso längst überfällig?
Das war doch alles schon lange abzusehen und ist außerdem auch nicht alles neu. Schon in den 80ern und 90ern hatte die Dance-Floor-Jazz-Bewegung um DJs wie Gilles Peterson, Jazzanova oder Rainer Trüby die Jazzmusik in die Clubs gebracht. Als Veranstalter in Berlin habe ich schon Konzerte mit Gonzales, Multatu Astatke und vielen anderen Künstlern in Berliner Clubs wie dem WMF oder Lido organisiert. Das XJAZZ Festival füllt aber tatsächlich eine Lücke. Es gibt heute so viele Clubs, aber oft nicht genügend gut besuchte Konzerte. Viele junge Musiker wollen gar nix mehr mit diesem elitären "Old School" Jazz-Club-Ding zu tun haben. Sie wollen nur eine Bühne und eine gute Anlage, die gibt es vor allem in den Clubs.

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Das Lineup eures Festivals ist enorm vielfältig und weist eine große Bandbreite an Künstlern auf. Ganz zeitgenössisch werden Genregrenzen aufgeweicht, aber trotzdem ist es vor allem ein Jazz-Festival. Was verstehst du unter Jazz heute?
Für mich ist heute Jazz eine Einstellung, ob er improvisiert ist oder nicht, spielt keine Rolle. Jazz steht niemals still, wenn man so die Entwicklung anschaut.

Was für eine Rolle spielt Berlin als Stadt für das XJAZZ?
Über 80% der Künstler sind tatsächlich aus Berlin. Viele davon, wie zum Beispiel Kurt Rosenwinkel oder Moritz von Oswald, spielen regelmäßig in der ganzen Welt aber nicht so oft in Berlin. Hier war der Gedanke endlich Berliner in Berlin zu präsentieren. Natürlich ist das auch umweltfreundlicher. Es gibt in Berlin so viele tolle Künstler aus der ganzen Welt. Wir konnten hier ja jetzt nur ein Bruchteil präsentieren.

Welche/s Konzert/e sollte man auf dem XJAZZ keinesfalls verpassen?
Ich freue mich persönlich sehr auf die Samuel Jon Samuelson Big Band aus Island, eine wahnsinnige 15-köpfige Jazz/Funk/Afro-Big-Band. Island ist auch das Partnerland des XJAZZ Festivals in diesem Jahr. Auch finden so viele tolle kleinere Konzerte im Monarch oder Privatclub statt mit Künstlern wie Olivia Trummer, Ann & Bones, Coco Jones... Wer feiern möchte, sollte unbedingt auch die DJ-Events checken mit Paul Frick, Christian Goebel oder Alex Barck von Jazzanova.

Falls es jemand nicht zum Festival schafft oder danach nichts Anderes mehr hören will: Wo in Berlin kann man regulär ein gutes Jazz-Konzert besuchen?
Naja, A-Trane und B-Flat machen immer tolle Shows. Man sollte aber auch mal andere Locations checken, Robert Glasper war zum Beispiel gerade im Gretchen. Auch im Badehaus in Friedrichshain gibt es tolle Shows.

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Ganz besonders möchten wir euch das Konzert von Schwarzmann heute Abend im Bi Nuu ans Herz legen. Schwarzmann ist ein elektronisches Improvisationsprojekt der Deep-House-Produzenten Henrik Schwarz und Frank Wiedemann. Die beiden werden ein exklusives Liveset spielen. Im Anschluss daran geben sich im Rahmen der "Electronics & Improvisation"-Nacht verschiedene hochkarätige DJs wie Alex Barck und Christian Pommer die Ehre. Das klingt doch eher spannend als schwierig, oder?

 

XJAZZ Festival | 08. – 11.05. | Schwarzmann  | Beginn: 22:45 | Bi Nuu | Tickets gibt es hier

BI NUU

Oppelner Straße , 10997

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