MC Fitti ohne Bart

© Matze Hielscher

Ich wurde eingeladen, beim Videodreh zu MC Fittis neuer Single "Penn' in der Bahn" Fotos zu machen. Es ist der letzte Drehtag. Vorher war das dreiköpfige Team (inkl. Fitti) innerhalb von drei Tagen in Nairobi, Bangkok und Dubai - dementsprechend müde sehen alle aus. Auf dem Weg nach Friedrichshain habe ich mich gefragt, wie sich MC Fitti wohl bei mir vorstellen wird. Wird er seinen bürgerlichen Namen nennen oder MC oder Fitti? Er reicht mir die Hand und stellt sich mit richtigem Namen vor. Komischerweise habe ich damit gar nicht gerechnet. Mit der nächsten Aussage aber schon: "Bitte keine Fotos ohne Brille und Mütze."

MC Fitti tauchte vor einem Jahr auf. Keine Veranstaltung, bei der er nicht auch war, kein Hipster-Instagram-Account, der nicht #soseinwiefitti gepostet hat. Der dauergrinsende Rapper war einfach sowas von da. Mit Songs, deren Inhalt man zwar nicht wiedergeben konnte, die man aber immer auf den Lippen hatte. Yolo.

Gedreht wird am S-Bahnhof Ostkreuz. Fitti springt in die Bahn, rappt in die Kamera, klopft viele Sprüche, ist sympathisch. Am Rand steht ein Penner mit bunten Kopfhörern, der ihm vom Style her ziemlich ähnlich sieht. Fitti stellt sich daneben, der Kameramann filmt. Eine lustige Szene, doch dann sagt Fitti: "Lass mal nicht nehmen, wir wollen niemanden vorführen." Nicht einmal sich selbst möchte er vorführen, was sich daran zeigt, wie schwer es ist, von ihm ein Bild ohne debiles Dauergrinsen zu machen. Die ganze Zeit bleibt er hinter seiner Maske - nur dass man einen Bart, eine verspiegelte Sonnenbrille und ein Cap nicht als Maske bezeichnen würde, ihn gar darauf reduzieren könnte. Schlau.

bymatzehielscher.001

Der Whatsapper, wie er sich manchmal nennt, stellt keine Fragen. Nicht mir, nicht dem Kameramann, auch nicht seinen Tänzerinnen, die später kommen. Ich erzähle ihm also ungefragt, wann ich ihn zum ersten Mal live gesehen habe. Für einen Augenblick denkt er nach. “Krass, das war vor einem Jahr und seitdem ging es immer weiter nach vorn. Man musste gar nichts verändern." Dieser Satz bleibt hängen. Man musste gar nichts verändern.

Auf einer Bank vorm Annemirl-Bauer-Platz wird eine kleine Afterhour-Szene gedreht. Die Mädchen trinken Pfeffi, es fliegt Konfetti durch die Luft und sein Kumpel holt das iPhone raus und macht Fotos. Fitti unterbricht. "Kein iPhone, wir haben Nokia." Weiter geht's. Ohne das iPhone. Mit Nokia. Wo MC Fitti ist, ist immer auch ein Produkt, für das er gerade wirbt. Im Grunde ist MC Fitti die Blaupause eines Popstars, der ohne Bedenken sein Gesicht für jedes Produkt hergibt. Der Unterschied zu den Kollegen ist, dass MC Fitti keine Realness vorgibt und es ihm nicht peinlich ist. MC Fitti ist ein eigenes glitschiges Universum, das man nicht zu fassen bekommt. Ein Künstler, bei dem man sich bei nichts sicher sein kann. Ich könnte mir vorstellen, dass er einfach irgendwann seinen Bart abrasiert und in einer Ausstellung die Kunstfigur MC Fitti vorstellt und dann einfach wieder Anton (Name v.d. Red. geändert) ist. Anton, der Konzeptkünstler.

MCFiitbymatzehielscher.008MCFiitbymatzehielscher.012MCFiitbymatzehielscher.006MCFiitbymatzehielscher.022MCFiitbymatzehielscher.015MCFiitbymatzehielscher.023
MCFiitbymatzehielscher.028MCFiitbymatzehielscher.029MCFiitbymatzehielscher.032MCFiitbymatzehielscher.033MCFiitbymatzehielscher.031

Sein Debütalbum GEILON erscheint heute. Bei Amazon gibt es eine Megabox.

Zurück zur Startseite